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danken, auch ihrem Amte Ehre zu machen und vorzuschlagen: das noch so wenig bekannte Studium der nordischen Mythologie in den stillen Winterabenden mit den Ihrigen zu betreiben. Alle fanden den Vorschlag prächtig und bald war man eingesponnen in den wunderbaren Sagenkreis der Vorzeit. Es kam wie ein Zauber über die Lauschenden, wenn dann der Wintersturm draußen an's Fenster schlug und wie eine Stimme aus der Urwelt in den Kreis der alten Götter und Asensöhne hineinbrauste, als wolle er die Musik zu ihren Festen und Kämpfen bringen und klagen über Baldur's Tod und Nanno's Jammer. Dann wurden die jugend­lichen Wangen bleich und die Augen leuchteten in Bewunderung der groß­artigen Gebilde und dem Versenken in die Ideen und Gedanken, die sie weckten.

Mercedes fragte sich dann wohl im Stillen, ob sie je einen schöneren Genuß gehabt draußen in der städtischen Welt, und sie empfand den vollen Zauber, den die Poesie, so einfach ohne künstliche Zuthaten, über die Einsamkeit des Dorflebens zu verbreiten vermag.

Auch Musik und Gesang gehörten zu den Freuden des Winterlebens. Es stand ein ganz gutes Pianino im Zimmer, Mercedes und Elsbeth spielten vortrefflich und Marie besonders hatte eine Stimme wie eine junge Feldlerche. Wie strahlten die Augen der guten Frau Bergheim, wenn sie an diesen Tagen und Abenden in dem Kreise der Ihrigen saß und das poetische Leben empfand, das sich um sie her entwickelte und nach dem sie sich so oft gesehnt hatte. Wie belohnt fand sie sich für die demüthige Werbung um die Theilnahme der Künstlerin an ihrem Kreise, den diese nun so lieblich schmücken half!

Weihnachten leuchtete wie ein strahlender Stern durch diesen Winter,' besonders verschönt durch Mercedes' künstlerische Anordnungen. Jedes hatte dem Anderen eine heimliche Freude bereitet, und auch für die Armen des Dorfes war reichlich gesorgt und fleißig gearbeitet an dem wohl­thätigen Herd der guten Frau Bergheim. Ein großer Baum stand mit blinkenden Lichtern und goldenen Nüssen geschmückt und mit nützlichen und schönen Gaben umlegt in dem Atelier der Malerin, und als die Abendglocken über die beschneiten Fluren klangen und die selige Botschaft des ewigen Heils in die kleinsten Hüttchen hineintrugen, da kam eine ganze Schaar armer Dorfkinder herangezogen, um in dem hellen Lichterglanz die Bescheerung zu empfangen, die ihnen gute, sorgende Menschenhände bereitet.