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sie es Alle mit ihm meinten, ihnen die Hände leckte und freundlich zu ihnen aufblickte.

Vier Wochen war der Hund nun schon in der armen Familie und die ganze Freude der Kinder. Sein wenig empfehlendes Aeußere vergaßen sie über seine Anhänglichkeit. Er war ja auch zu possierlich, konnte dienen, Pfote geben und allerlei hübsche Kunststücke machen. Die Kinder hatten ihn bald so lieb, daß sie ihm die zärtlichsten Namen gaben, ihren süßen Hund nannten und jeden Bissen Brod mit ihm theilten. Lieber gingen sie selbst hungrig zu Bett, ehe sie das Thier darben ließen.

Aber nicht allein die Kinder legten sich manche Entbehrung auf, son­dern auch die Mutter lebte noch spärlicher als sonst, um das große, sehr gefräßige Thier satt zu machen. Ihr schon durch schwere Arbeit geschwächter Körper litt dadurch noch mehr, und eines Tages war sie so hinfällig, daß sie das Bett nicht verlassen konnte, weshalb das sehr besorgte Manschen zum Doktor lief, der durch ihre Bitten und Thränen gerührt auch bald folgte.

Noch saß der Arzt am Bette der Kranken, den Puls derselben unter­suchend, als sein Blick auf den Hund fiel, der leise knurrend an ihn herangeschlichen kam.

Ei, was seh' ich! hier ist also der Langgesuchte," sagte der erstaunte Doktor.Wie in aller Welt kommt Ihr zu dem Hunde, den ich in dem Städtchen schon mehrere Male habe ausklingeln lassen?" fragte er dann.

Die Frau erzählte der Wahrheit getreu den ganzen Hergang.

Nun, gute Frau, da ist Ihnen mit dem Thiere das Glück in das Haus gelaufen, denn der Hund ist ein Rentier. Nein, nein, seht mich nicht so erstaunt an, ich scherze nicht, der Hund bezieht wirklich ein Jahr­gehalt von hundert Thalern."

Diese rätselhaften Worte wurden der erstaunten Frau also erklärt:

Ein reicher Herr war auf seiner Durchreise im Städtchen gestorben. Er hatte den Hund mit sich geführt, der ihn einst aus den Flammen gerettet. Der Herr hatte nämlich die üble Gewohnheit Abends im Bett zu lesen, vergaß einmal das Licht zu löschen bevor er einschlief, und das Deckbett, welches der Flamme zu nahe gekommen sein.mußte, gerieth in Brand. Unfehlbar wäre der Festschlafende ein Opfer seiner Fahrlässigkeit geworden, wenn nicht sein treuer Hund es gewesen, der, die Gefahr seines Herrn ahnend, ihn durch lautes Bellen, Zerren an Händen und Füßen aus dem betäubten Zustand, worin ihn die dicken Rauchwolken versetzt,