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war damit zufrieden und bald kam eine Hand, die es mit in den kleinen Beutel that, denselben zuband und alle Sämereien fest in eine Kiste zusammenpackte. Da steckten sie nun in langer Haft; es war wohl so dunkel darin, wie im Schooß der Erde, aber nicht feucht und fruchtbar; und weil sie nicht keimen und lebendig werden konnten, schliefen sie alle ein und merkten nicht, wie sie ein Schiff über den weiten Ocean zu dem fernen, fremden Lande trug. Da aber sind sie endlich erlöst aus dem engen Kasten und hineingestreut in die fremde Erde, und als der Kresse- samen aufging, da ist auch ein kleines Wegerichpflänzchen zum Vorschein gekommen, das ist groß und stark geworden, hat geblüht und seinen Samen in alle Winde gestreut und der Wegerich hat sich ausgebreitet in Amerika. An jeder Landstraße und jedem Fußpfade breitet er seine kräf­tigen Blätter aus; und weil er erst mit den weißen Leuten in das Land gekommen ist und so an allen Wegen umhersteht, nennen ihn die Indianer Fußtapfen der Weißen, wie uns ein großer Naturforscher erzählt.

Feldblumen.

Von

Mrmmrn Wsgncr.

<Aur Zeit der Sommer-Sonnenwende, am Tage vor dem Johannisfeste, ziehen in Thüringen die Kinder hinaus auf's Feld und pflücken himmelblaue Kornblumen, purpurne Raden, feurigen Klatschmohn, zierlichen Rittersporn und andere Blumen vom Rande des Getreidefeldes. Daheim winden sie Guirlanden und Kränze daraus und schmücken damit Thüren, Fenster und Hauswände, so daß die Dörfer und Städtchen am Johannismorgen aussehen, als hätten sie sämmtlich Hochzeit oder Ge­burtstag.

Sollten unsere jungen Freundinnen ebenfalls Vergnügen finden an einem Spaziergange nach dem Getreidefelde und an einem Sträußchen aus Feldblumen, so wollen wir das letztere mit einigen botanischen Plau­dereien begleiten, ohne ihnen bei der Sommerhitze der Hundstage ernstere Wissenschaft zuzumuthen.

Der Klatschmohn (Fig. 1), ein Vetter desschlafbringenden" Gartenmohn, macht sich durch sein leuchtendes Roth schon weithin be- merklich. Seine großen Blüthen haben zwei Kelchblätter und zwei mal