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der Kreuzberg sonst sin als 'n Verg? Hör'n Se 'mal, liebes Kind, lassen Se sich Ihr Lehrgeld von die Geographie widdergeben. Wir haben wol in die Zeitungen gelesen von 'n Vesuv, was 'n feuerspeiender Berg sin soll nn was man ihm schon von auswendig ansehen soll, un die Gelehrten sagen eenstimmig, deß der Kreuzberg keen Vulkan is un keene schlechten Absichten hat, un dies is 'n großer Trost vor die Berliner. Felsen? Was thu ich mit die Felsen? Davor koof ich mir gar nischt. Ne, lasten Se sich's gesagt sin, liebes Kind, der Kreuzberg is 'n Berg wie eener, und der Spandauer Berg ooch!"

So würde Mutter Krause antworten, und sie spricht eine sehr ge­bildete Sprache und demonstrirt mit einer Klarheit, die nichts zu wünschen übrig läßt. Sie ist eine resolute Frau und versteht, wie Sie sehen, auch Geographie und läßt über Berlin und über die Berge in Berlin's Um­gebung keine schlechten Witze machen.

O weh! Da haben wir über dieser kleinen Abschweifung den Wagen ganz aus den Augen verloren. Auf dem Spandauer Berge haben wir ihn verlassen, aber da ist nun kein Wagen mehr zu sehen. Er hat die Höhe längst erreicht, ist auf der oben wieder eben dahinführenden Chaussee längst weitergerollt und weg ist er, wir holen ihn nun nicht mehr ein.

Lasten wir ihn rollen!

6 .

Eine breite, seeartige Wasserfläche dehnt sich vor uns aus. Wir stehen auf einem schmalen Uferstreifen, zu unseren Füßen rollen die langen Wellen des leichtbewegten Spiegels mit leisem Murmeln auf den Sand, hinter uns steigt das Ufer, obwohl nur aus Sand bestehend, den eine dürftige Grasnarbe nur zum Theil bekleidet, wohl an die dreißig Fuß hoch fast steilrecht in die Höhe. Oben rauscht der frische Wind, der über das Wasser daherweht, in den breiten Kronen hochstämmiger Kiefern.-

Milliarden blitzender Sonnenbildchen tanzen auf dem blauen Spiegel und bilden in ihrer Gesammtheit einen langen, langen, das Auge blen­denden Streifen. Breit zieht rechts und links ein blauer Flußarm an uns vorüber wir stehen auf dem Endpunkte einer langgestreckten, hoch aus dem Wasser aufragenden und mit prächtigen Kiefern bewaldeten Insel. Eben so steigen auch hüben und drüben die beiden Ufer ziemlich hoch aus dem Flusse auf. Das linke Ufer zeigt sich gekrönt mit hoch­stämmigem Walde, so weit das Auge reicht; das ist aber nicht allzuweit,