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Man kocht in den Ländern um's Mittelmeer die Kastanien häufig als Brei, nachdem man sie zuvor in Salzwasser eingequellt hat. Außerdem genießt man sie auch, nachdem man sie mit der Schale auf Kohlen geröstet. Sie sind zwar mehlig und süßlich, dabei aber hart und schwer verdaulich. Aus letzterem Grunde behaupteten ehedem dieKräuterbücher" wohl nicht mit Unrecht:sie machen schwere Träume."

Wie von den meisten Kulturgewächscn hat man auch von der Kastanie zahlreiche Spielarten erhalten. Als die schönste Sorte gelten die so­genanntenMaronen", deren große und breite Früchte sich durch Schmack- haftigkeit auszeichnen. DieFrühkastanien" reifen zeitiger als die übrigen Sorten. - Die Zwiebelkastanien erhielten ihren Namen von ihren zwiebelig aufgetriebenen Früchten. Die gemeineren Sorten sind kleiner, am kleinsten sind die sogenannten Waldkastanien.

Gewöhnlich werden die Kastanienbäume aus Samen gezogen, die man in besonderen Beeten steckt. Die jungen Bäumchen verpflanzt und beschneidet man und pfropft sie in den Plantagen mit Reisern von guten Sorten. Stehen die Bäume ziemlich dicht in Menge beisammen, so treiben sie ihre Stämmchen hoch und schlank. Haben sie dagegen einen freien Standort, so bleibt der Stamm verhältnißmäßig kurz und wird desto dicker.

Da die Kastanie ähnlich wie unsere Eiche ein hohes Alter erreicht, so bildet sie mitunter riesige Bäume. Eine der berühmtesten Kastanien ist jene äei eenti eavolli, d. h. der 100 Reiter, welche am Abhänge des Aetna steht. In ihrem Schatten sollen 100 Reiter lagern können. Ihr Stamm hat am Grunde 180 Fuß (60 Meter) im Umfange, kann also kaum von 30 Männern umspannt werden. Sie soll jedoch aus der Ver­schmelzung mehrerer Bäume entstanden sein, die dicht neben einander ge­wachsen waren. Wie auf der beigegebenen Abbildung zu bemerken, stehen noch mehrere, ebenfalls starke Bäume derselben Art in ihrer Nähe. Eine andere, ebenfalls durch ihre Größe berühmte Kastanie befindet sich am Genfer See.

Das Holz der Kastanie hat mit jenem der Eiche viel Ähnlichkeit. Es taugt zwar als Brennholz nicht viel, wird dagegen als Bau- und Nutzholz besonders zu solchen Zwecken geschätzt, bei denen es der Feuch­tigkeit und dem Wetter ausgesetzt ist. So nimmt man es in Südeuropa allgemein zu den Pfosten der Weinlauben (Pontainen) und Spaliren, so wie die Schößlinge zu Faßreifen. Letztere sollen in feuchten Kellern länger

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