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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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Staatsdruckerei construirte. Später baute er auch Rotationsschnellpressen und wandte sich gleichzeitig dem Bau von Locomotiven und anderen Maschinen zu, wobei er seine Fabriken in Wien und Wr.-Neu- stadt zu Weltetablissements erweiterte. Sigl starb 1887 in Wien. An dieser Stelle soll ferner der Münchener Locomotivfabriks-Actiengesellschaft Krauss & Co. gedacht werden, da diese in neuerer Zeit auch in Linz ein Etablissement errichtet hat, aus welchem der grösste Theil des der Gesellschaft über­wiesenen österreichischen Bedarfes an Eisenbahnbetriebsmitteln gedeckt wird. Die österreichischen Loco- motivfabriken waren in den letzten Jahren weniger der Concurrenz des Auslandes ausgesetzt, als dies früher der Fall war, was namentlich mit der Ueberbürdung der deutschen Fabriken mit Aufträgen im Zusammenhänge steht. Dasselbe ist bezüglich der Waggonfabrication der Fall. Es war den österreichi­schen Locomotiv- und Waggonbau-Anstalten wieder verhältnismässig leicht gemacht, ausländische Be­stellungen, so für Rumänien, Serbien und Italien zu erhalten, da die preisdrückende fremdländische Con­currenz sich in vielen Fällen fernhielt.

Was die Verhältnisse der übrigen Maschinenbauzweige, namentlich jener für Dampfmaschinen und Dampfkessel betrifft, so zeigten dieselben im Laufe der letzten zwanzig Jahre keine aussergewöhnlichen Variationen. Der Depression, welche dem Jahre 1873 folgte, konnte zwar der grösste Theil der öster­reichischen Maschinenfabriken Stand halten, aber die meisten Betriebe mussten doch reducirt werden. Erst in den Achtzigerjahren besserten sich die Verhältnisse wieder merkbar, und hielt der langsame maschinenindustrielle Fortschritt im Allgemeinen bis zum Jahre 1895 an > se it welchem Jahre neuerdings eine Abschwächung des Beschäftigungsgrades der österreichischen Maschinen-Industrie stattfand. In den letzten Jahren waren zwar die österreichischen Maschinenfabriken durch zahlreiche Umgestaltungen älterer Betriebsanlagen stark in Anspruch genommen, neue Einrichtungen von grösserem Belang kamen aber nur in beschränktem Umfange zur Ausrüstung. Unbefriedigende Absatzverhältnisse wurden besonders durch die sich immer mehr und mehr zuspitzenden nationalen Gegensätze geschaffen, wo­durch das Bestreben in den Vordergrund trat, den localen Bedarf womöglich seitens der localen Indu­strie decken zu lassen, welches Princip die Entwicklung der Maschinenfabrication ungemein behindert. Von sehr grosser Wichtigkeit ist auch der Umstand, dass der österreichische Maschinenabsatz nach Ungarn constant zurückgeht, während andererseits die bezüglich ihrer Erzeugung und ihrer Versendungen günstiger als die österreichischen Fabriken situirten ausländischen Maschinenfabriken, so namentlich jene Deutschlands und Englands, der österreichischen Maschinen-Industrie in deren eigenem Lande stetig wachsende Concurrenz bereiten. Es macht sich dies besonders in den Grenzdistricten gegen Deutschland empfindlich fühlbar.

In der nun folgenden Darstellung des gegenwärtigen Zustandes und Umfanges der österreichischen Maschinen-Industrie wird es nicht zu vermeiden sein, jene Firmen namhaft zu machen, durch welche die österreichische Maschinen-Industrie der letzten Jahre repräsentirt war, trotzdem deren Aufzählung etwas einförmig wirkt. Aber gerade die Menge Namen, von denen die meisten in der industriellen Welt einen mehr oder weniger guten Klang haben, führt es so recht vor Augen, welcher Unterschied zwischen der österreichischen Maschinen-Industrie von heute und jener vor fünfzig Jahren besteht. Damals einige wenige spärliche Vertreter dieser Industrie, heute eine stattliche Anzahl derselben, wobei selbstverständ­lich nicht einmal alle neueren Firmen genannt werden können. Es konnte ferner nicht vermieden werden, unter den Maschinen-Industriellen der neueren Zeit auch hin und wieder solche anzuführen, deren Betriebe den landläufigen Ansichten von einer Gross-Industrie nicht ganz entsprechen, da das Zusammenfassen mittelgrosser Unternehmungen in manchen Fällen nicht unterlassen werden darf, sofern nicht die Dar­stellung der Verhältnisse der gesammten Maschinen-Industrie lückenhaft bleiben soll. Man würde z. B. ein ganz unzutreffendes Bild speciell der landwirthschaftlichen Maschinen-Industrie erhalten, wenn man die mittleren Betriebe, welche in dieser Branche des Maschinenbaues zahlreicher als in jeder anderen vertreten sind, und welche zusammengenommen einen stattlichen Theil der Maschinen-Industrie ausmachen, ganz weglassen wollte. Auch ist gerade bei der Maschinen-Industrie die Grenze, wo die Gross-Industrie anfängt, respective aufhört, viel schwieriger zu ziehen als vielleicht bei irgend einer anderen Industrie, abgesehen davon, dass oft verhältnismässig kleine Betriebe in jenen Districten, in welchen sie bestehen, eine viel grössere volkswirthschaftliche Bedeutung besitzen als mancher in einem industriellen Centrum

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