Trotz allen diesen eben beschriebenen Schwierigkeiten ist aber die böhmische Maschinen-Industrie immer gestanden und steht heute noch auf der vollsten Höhe technischen Könnens. Schon der officielle Bericht über die Wiener Weltausstellung 1873 thut ihrer rühmlichste Erwähnung, wie sie überhaupt auf allen Ausstellungen, an denen sie sich betheiligte, so unter vielen anderen insbesondere auch auf der Pariser Weltausstellung 1878 die ersten Auszeichnungen errang. Das glänzendste Zeugnis, welches ihr in dieser Beziehung gegeben werden konnte, ist wohl jenes Riedlers, des Professors an der technischen Hochschule in Berlin, der eine Autorität auf dem Gebiete des Maschinenbaues und durch mehrfache Studienreisen mit den Verhältnissen Amerikas so gut wie mit jenen von Europa bekannt in der «Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure» anlässlich der Besprechung der auf der Weltausstellung in Chicago exponirten Dampfmaschinen ausdrücklich sagte:

«Die letzte Prager Landesausstellung hat beispielsweise auf dem Gebiete des allgemeinen Maschinen­baues Besseres und Lehrreicheres geboten als die grosse Maschinenhalle in Chicago.»

Der officielle Bericht jener Ausstellung constatirt denn auch, dass «auf dem Gebiete des Baues von Dampfkesseln und Dampfmaschinen, Brauerei- und Brennerei-Einrichtungen, Bergwerksmaschinen und der für die Entwicklung der böhmischen Industrie so wichtigen Maschinen und Apparate für Zucker- fabrication geradezu Unübertreffliches geboten» wurde, und dass der böhmische Maschinenbau «in seiner technischen Entwicklung der Concurrenz des Weltmarktes siegreich die Spitze zu bieten vermag» und den «Wettkampf selbst mit den renommirtesten Schweizer Firmen, was Solidität der Ausführung und Brennstoffökonomie betrifft, siegreich bestanden hat».

Die böhmische Maschinen-Industrie hat ihre hohe technische Entwicklung in erster Reihe der aus­gezeichneten Vorbildung ihrer Ingenieure auf den Prager technischen Hochschulen zu danken, welche bekanntlich die hervorragendsten theoretischen und praktischen Fachleute heranziehen, deren viele selbst im Auslande als Autoritäten anerkannt sind. Unsere Maschinen-Industriellen bleiben aber auch im praktischen Leben stets in dem engsten Contacte mit den technischen Hochschulen und deren aus­gezeichneten Lehrern, und diese stetige und rege Wechselbeziehung beider war es gewiss nicht am wenigsten, welche zu der heutigen Entwicklung unserer Industrie führte.

Ein nicht minderes Verdienst hieran gebührt dem ausgezeichneten Arbeiterstämme, über welchen der böhmische Maschinenbau verfügt; unsere Arbeiter sind von einer hervorragenden Intelligenz und dabei auch zu der manuellen Arbeit so befähigt, dass ihnen selbst die schwierigsten Arbeiten mit vollstem Vertrauen übertragen werden können. Unsere Industriellen haben denn ihren Arbeitern die Anerkennung auch in materieller Hinsicht nie vorenthalten; die Löhne der böhmischen Maschinenbau-Arbeiter sind wohl die relativ höchsten in Oesterreich, die Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen der böhmischen Maschinen­industrie wohl die relativ zahlreichsten und weitgehendsten; die böhmischen Maschinenfabriken haben schon im Jahre 1871 freiwillig den zehnstündigen Normalarbeitstag eingeführt, also zu einer Zeit, w r o von einem gesetzlichen obligatorischen Arbeitstage noch keine Rede war.

Nicht in letzter Reihe hat ferner zur Entwicklung unserer Industrie auch das ausgezeichnete Roh­material, über welches sie verfügt, beigetragen, nämlich das böhmische Eisen, welches seit der wunder­baren Entfaltung der böhmischen Eisenproduction und insbesondere seit Einführung des Thomas-Gilchrist- schen Entphosphorungsverfahrens von einer geradezu ausgezeichneten Qualität ist. Auch den Stahlguss hat unsere Industrie nunmehr im Lande selbst; das grosse Stahlgusswerk von E. Skoda in Pilsen u. a. m. erzeugen dieses Product in hervorragender Qualität.

Die böhmische Maschinen-Industrie war ferner stets bestrebt, sich alle technischen Fortschritte in der Fabrication sofort zu eigen zu machen. Die Verwendung modernster Werkzeuge und Betriebs­behelfe, die Benützung von Druckwasser, Druckluft und Elektromotoren zum Betriebe von Werkzeug­maschinen und Krahnen, bewährte neue Arbeitsmethoden wurden sofort in den einzelnen böhmischen Maschinenfabriken eingeführt. Auch in Betreff der Construction wurde stets nach eingehendem Studium das Beste gewählt und oft durch eigene Erfindungen verbessert, beziehungsweise ersetzt.

Unsere Industriellen waren immer bemüht, das Ziel möglichster Hebung ihrer Industrie auch auf dem Wege der Association zu erreichen. Schon am 6. April 1857 wurde in einer allgemeinen Versammlung österreichischer Maschinenfabrikanten ein beständiger Ausschuss zur Wahrnehmung und Vertretung aller

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