Interessen der einheimischen Maschinenproduction in technischer und commerzieller Beziehung eingesetzt, der sich jedoch bald auflöste. In dem Jahre 1870 wurde dann in Prag eine Convention einzelner böhmischer Maschinenfabrikanten geschlossen, aus welcher sodann im Jahre 1885 der Landesverein der Maschinen-, Metallwaaren-Fabriken und Eisengiessereien Böhmens hervorgieng, der in jeder Hinsicht ausgezeichnete Leistungen aufzuweisen hat. Sein erster langjähriger Obmann war Franz Freiherr von Ringhoffer, welchem dann in der Obmannschaft die Maschinenbau-Actiengesellschaft vorm. Breitfeld, Danek & Co. (vertreten durch die Directoren Herren Kletetschka, Mares und Spirk), die Prager Maschinen- bau-Actiengesellschaft, vorm. Ruston & Co. (vertreten durch den Director Herrn C. Ludwik), sowie der gegenwärtige Obmann Herr Commerzialrath Josef Bromovsky folgten.
Es sei gestattet, die Entwicklung der böhmischen Maschinen-Industrie auf einzelnen Gebieten in Folgendem kurz zu skizziren:
Was vorerst die Erzeugung von Dampfkesseln betrifft, so wurde dieselbe von den böhmischen Fabriken stets lebhaft cultivirt und auf eine hervorragende Stufe gebracht; viele der gebräuchlichen Systeme wurden in ihren Details durch böhmische Erfindungen verbessert.
Der österreichische Dampfmaschinenbau, welcher heute in und ausserhalb Böhmen hervorragend ist, verdankt seine gegenwärtige Entwicklung hauptsächlich der böhmischen Maschinen-Industrie. Die erste Compounddampfmaschine, die erste Corlissdampfmaschine, die erste Compounddampfmaschine mit Ventilsteuerung als Einlass-, mit dem Corlissschieber als Auslassorgan, die erste stationäre dreicylindrige Dreifachexpansionsmaschine giengen aus den Werkstätten der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft, vorm. Ruston & Co., hervor, welches Etablissement den Dampfkessel- und Dampfmaschinenbau als hervorragenden Betriebszweig pflegt und in der Periode 1848—1898 etwa 2 3 oo Dampfkessel von zusammen etwa 3 oo.ooo m 2 Heizfläche und etwa 1600 Dampfmaschinen mit ungefähr 3 10.000 HP baute. Dies ist die Leistung nur einer Firma, während ja Dampfkessel und Dampfmaschinen in Böhmen von einer ganzen Reihe Fabriken gebaut werden. Das genannte Etablissement baute schon 1852/53 auch den Elbedampfer «Franz Josef», was — obwohl der Dampfschiffbau in den Bereich dieses Aufsatzes nicht gehört — hier darum bemerkt wird, weil der hiemit in Böhmen erfolgreich eingeführte Bau von Dampfschiffen zur Hebung des böhmischen Dampfmaschinenbaues gleichfalls wesentlich beitrug.
Die Einführung der ganz zwangsläufig (positiv) gesteuerten Corlissrundschieber beim Niederdruck- cylinder der Compounddampfmaschine ist hauptsächlich durch den Professor der deutschen Technik in Prag, R. Doerfel, in Aufnahme gekommen und hat insbesondere bei den Maschinenfabriken Böhmens berechtigte Verbreitung gefunden; R. Doerfel verdankt der Maschinenbau auch den Doerfel-Pröll’schen Flachregler und verschiedene andere werthvolle Anregungen.
Die Dampfüberhitzung wird von den böhmischen Maschinenfabriken seit Jahren in besonderem Maasse gepflegt und hat die Dampfökonomie der Maschinen noch mehr erhöht.
Die Einrichtung von Zuckerfabriken bildet einen der hervorragendsten Betriebszweige des böhmischen Maschinenbaues, und geradezu epochale Erfindungen giengen auf diesem Gebiete aus Böhmen hervor, wie z. B. das Frey-Jelinek’sche Saturationsverfahren.
Man kann mit voller Berechtigung sagen, dass die Fortschritte der Zuckerfabrication seit 1849 grösstentheils auf österreichischen und speciell böhmischen Erfindungen basiren. Die epochale Robert’sche Diffusion (gleichfalls eine österreichische Erfindung) hat in Verbindung mit dem erwähnten Saturationsverfahren und mit der gleichfalls aus Böhmen stammenden Einführung der Schlammpressen für die Zwecke der Rübenzucker-Industrie die letztere in aller Herren Ländern auf denjenigen hohen Stand gebracht, den sie heute einnimmt.
Die Einführung der für andere Zwecke schon früher bekannten Schlammpressen in die Zuckerfabrication wurde von Ruston & Co. mit dem Trinks’schen System versucht und von Vincenz Dan£k durch Adaptirung des Needham-Kitte’schen Systems durchgeführt, doch konnte sie zur Scheidung des Zuckerschlammes erst dann erfolgreich verwendet werden, bis das Frey-Jelinek’sche Verfahren indifferenten und körnigen Saturationsschlamm ergab. Auch die Diffusion wurde erst durch diese Saturation in jenem Maasse möglich, wie sie es heute ist, da sich der Diffusionssaft bei dem früher üblichen Verfahren nicht gut scheiden liess. Als statistischer Beweis hiefür mag die Thatsache dienen, dass z. B. in den Zucker-
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