ductionsziffer der Wr.-Neustädter Locomotivfabrik stieg denn auch i883 auf 128 Stück und 1884 auf i3o Stück. Der Arbeiterstand hob sich in dieser Zeit wieder einmal bis auf mehr als 2000 Mann.

Im März 1884 erlitt das Unternehmen durch den Tod seines Directors Carl Schau einen schweren Verlust. Derselbe hatte die Fabrik durch nahezu 25 Jahre in rühmlichster Weise geleitet, und an dem bedeutenden Rufe, welchen dieselbe allseits geniesst, ausserordentlichen Antheil genommen. An dessen Stelle wurde der bisherige Oberingenieur der Fabrik, Franz Fehringer, zur Leitung berufen.

Das Jahr 1885 wurde, sowie die vorhergegangenen Jahre, grösstentheils durch Lieferungen für die ungari­schen und insbesondere für die österreichischen Staatsbahnen in Anspruch genommen. In demselben Jahre hatte die Neue Wiener Tramwaygesellschaft als erste die Einführung des Dampfbetriebes auf der sogenannten Gürtellinie beschlossen. Es wurde die von Wr.-Neustadt vorgeschlagene Type angenommen und dadurch der Fabrik Gelegen­heit geboten, auch diese Gattung von Locomotiven in grösserer Anzahl zu bauen.

Ungeachtet der sehr erhöhten Leistungsfähigkeit der Maschinenfabrik der k. ungarischen Staatseisenbahnen in Budapest empfieng die Fabrik zeitweilig grössere Aufträge aus Ungarn und trotz der ungünstigen Productions- verhältnisse wandte sich das Ausland innerhalb des letzten Decenniums wiederholt an das Etablissement.

Während die Zunahme des Eisenbahnverkehres eine erhöhte Production an Locomotiven bedingte, haben die gesteigerten Ansprüche an die Leistungsfähigkeit und Dauer der Locomotiven, an die Oekonomie im Brenn­stoffverbrauch, an die Geschwindigkeit der immer schwerer gewordenen Schnellzüge die Construction von Loco- motivtypen wesentlich neuer Art herausgebildet. Sowie in Deutschland, England und Frankreich, wurde auch in Oesterreich dem Verbundsysteme gesteigerte Aufmerksamkeit zugewendet.

Die bedeutendste Neuerung aber zeigen die in den letzten Jahren für die österreichischen Hauptbahnen aus­geführten grossen Locomotiven, deren Dimensionen weit über das bisher Uebliche hinausgehen. Dieser Gruppe von grossen Maschinen gehört auch die mit der Fabricationszahl 4000 bezeichnete Schnellzugslocomotive der Kaiser Ferdinands-Nordbahn an, deren Vollendung in der Fabrik am 4. Juli 1897 festlich begangen wurde.

Die seit Bestand der Fabrik oft und empfindlich schwankende Intensität der Arbeitsthätigkeit hat schon 1880 Veranlassung gegeben, auch andere den Einrichtungen der Fabrik entsprechende Zweige des Maschinenbaues zu cultiviren. So wurden im genannten und in den darauffolgenden Jahren für Sr. Majestät Kriegsmarine, und zwar für die Schiffe «Sebenico» und «Lussin», Maschinencomplexe von je 700 HP ausgeführt. Daran schloss sich die Herstellung der Maschinen zu einer Anzahl von Torpedobooten. Für die Donau-Dampfschiffahrt wurden in den folgenden Jahren Raddampfermaschinen geliefert. Die im Jahre 1885 in der Kesselschmiede aufgestellte hydraulische Nietanlage gab Anlass, von da ab den Bau stationärer Kessel, insbesondere den von grossen Kesseln für hohe Dampfspannungen, im grösseren Maasstabe zu betreiben. Einbezogen wurde ferner auch der Bau von Pumpenanlagen, Transmissionen etc.; so wurde unter Anderem z. B. ein grösseres Pumpwerk für die Stadt Florenz geliefert, und für die k. k. Rohrpost in Wien wurden zwei Stationen mit Dampf- und Luftmotoren eingerichtet.

Der gesammte Arbeitswerth, welcher in den 56 Jahren ihres Bestandes aus der Fabrik hervorgegangen ist, beträgt weit über 100 Millionen Gulden, wovon ungefähr ein Viertel in das Ausland geliefert wurde. Der Umsatz, den die Fabrik in dem letztvergangenen, mit 3o. Juni 1998 abgelaufenen Geschäftsjahre ausweist, beträgt ca. 35 Millionen; der mittlere Arbeiterstand belief sich auf 1800 Mann, für welchen eine Lohnsumme von 1,173.320 fl. aufgewendet wurde.

Die Unternehmung besitzt ein Areal von 34 ha, von welchen circa 10 ha für die Gebäude, Höfe, Lagerplätze und Eisenbahngeleise in Anspruch genommen sind. Die Fabrik umfasst folgende Werkstätten:

a) Zwei grosse Schmiedewerkstätten, b) eine Eisen- und Metallgiesserei, c) eine Kesselschmiede, d) drei mechanische Werkstätten, e) eine Locomotivenmontirung, f) eine Lackirerei, g) eine Tenderbauwerkstätte, h) eine Modelltischlerei und i) eine Kupferschmiede.

Die Betriebskraft für alle Werkzeugmaschinen wird von g Dampfmaschinen mit zusammen beiläufig 500 HP geliefert. Zur Dampferzeugung sind 23 Dampfkessel vorhanden, die auch zum Betriebe der Dampfhämmer ver­wendet werden. Zwei der Dampfmaschinen werden auch zur Beschaffung der Kraft für die elektrische Beleuchtung in der Hammerschmiede, in der Tenderbauwerkstätte und in einer der mechanischen Werkstätten benützt. Die anderen älteren Werkstätten werden derzeit noch mit Gas beleuchtet.

Auf dem der Gesellschaft gehörigen Grundbesitze stehen ausserdem ein Directionsgebäude, ein Beamten­wohnhaus und zwei in letzter Zeit erbaute Arbeiterwohnhäuser, deren Vermehrung zu gelegener Zeit in Aussicht genommen ist.

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