Der 3 . Mai 1886 wurde für die Leobersdorfer Maschinenfabrik, wie auch für das gesammte Kriegswesen Oester­reich-Ungarns insoferne von denkwürdiger Bedeutung, als an diesem Tage die erste inländische Hartguss-Panzerkuppel in Leobersdorf zum Gusse gelangte. Der Guss, welcher im Beisein von Mitgliedern des k. u. k. techn.-administr. Militär- comites erfolgte, verlief trotz der damals für derlei Zwecke noch unzureichenden Einrichtungen glücklich und lieferte ein vollkommen zufriedenstellendes Resultat. Ein zufällig anwesender Geschäftsfreund hielt den bedeutungsvollen Moment des Gusses durch eine photographische Aufnahme fest, die in dem Kopfbilde dieses Aufsatzes wiedergegeben ist.

Im Frühling des Jahres 1887 fand die vorerwähnte Concurrenzbeschiessung auf der Felixdorfer Haide statt, welche für den Leobersdorfer Panzer mit eclatant glänzendem Resultate abschloss. Leider war es dem damaligen Besitzer der Leobersdorfer Maschinenfabrik, Dr. Jakob Rappaport zufolge seines am 10. August 1886 in Klein- Mariazell erfolgten Ablebens nicht mehr gegönnt, die Kunde von dem Siege zu vernehmen, den der Leobersdorfer Panzer bei dieser Concurrenzbeschiessung errungen hat.

In militärischen Kreisen ist es bekannt, dass Director Kleinpeters muthvolles Eintreten in diese erste Concurrenz nicht nur bahnbrechend für die heimische Panzerkuppel-Industrie, sondern zugleich auch der erste An­sporn dazu war, diesen inländischen Fortificationsartikel von den Lieferungen des Auslandes gänzlich unabhängig zu machen.

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Bestand der Fabrik am i. August 1887 bei Uebernahme durch die Firma Ganz & Co.

Dieser Erfolg blieb auch der Firma Ganz & Co. in Budapest nicht unbekannt, deren Begründer, der verstorbene Abraham Ganz, bereits im Jahre 1853 mit der Fabrication von Eisenbahn-Schalengussrädern begann. Dieselbe lenkte deshalb ihr Augenmerk auf die Leobersdorfer Maschinenfabrik, zumal sie die Absicht hatte, ihre Fabrication von Eisen­bahn-Hartgussrädern, welche nahezu ein halbes Jahrhundert in Budapest mit Vortheil betrieben wurde, nunmehr auch in Oesterreich zu inauguriren, und nachdem sie überdies auch für ihre übrigen Specialartikel in Cisleithanien ein Filial­unternehmen gründen wollte. Die Firma Ganz & Co. trat demnach mit den damaligen Besitzern der Leobersdorfer Maschinenfabrik, den Rappaportschen Erben, in Unterhandlung und erwarb dieselbe am 1. August 1887 in einem Gesammtausmaasse von 67.159 m 2 , wovon 6080 m 2 auf verbaute Fläche entfielen. Der vorstehende Plan zeigt die Situation der Fabriksanlage am Tage der Erwerbung durch die Firma Ganz & Co. Letztere gieng sofort daran, den Betrieb so auszugestalten, dass er den Anforderungen der Neuzeit und dem stetig wachsenden Bedarfe besser zu entsprechen vermochte. Gleich in der ersten Zeit nach der Erwerbung des Etablissements, d. i. von 1887 auf 1888, wurde mit der Durchführung der nothwendigsten Investitionen begonnen.

In diesen Zeitpunkt fällt auch eine zweite Panzerkuppel-Concurrenz, welche die österreichische Kriegs­verwaltung bei zahlreicherer Betheiligung, jedoch diesmal ausschliesslich zwischen inländischen Eisen- und Stahl­werken eingeleitet hatte. Ganz & Co., als nunmehrige Besitzer der Leobersdorfer Maschinenfabrik, betheiligten sich abermals an dieser zweiten Concurrenz mit einer auf eigene Kosten hergestellten Hartguss-Panzerkuppel. Die

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