motive «Meidling» angebracht worden. Diese Locomotive brachte auch die Neuerung der durch Eiseneinlagen versteiften Doppelblechframes, die im Jahre 1844 gebaute Locomotive «Adlitzgraben und Kaiserbrunn» die erste Anwendung von Balanciers in Oesterreich. Die Locomotive «Fahrafeld» im Jahre 1846 war die erste sechsfach gekuppelte Güterzugslocomotive in Oesterreich und zeichnete sich neben ihrer damals enormen Heizfläche von i3o m 2 auch noch durch einen neuartigen Condensator für den ausströmenden Dampf aus. Eine neue, bis heute noch im Gebrauche befindliche Type gab die Locomotive «Czegled» des Jahres 1846 als Personenzugslocomotive mit einer Laufachse und zwei gekuppelten Treibräderpaaren ab. Diese beiden Typen bildeten das Vorbild für zahlreiche derartige Ausführungen in unserer Monarchie und im Auslande.

Interessant ist das Resultat der Preisbewerbung für die Semmering-Locomotiven in seiner Rückwirkung auf den Locomotivbau durch Anregungen, welche die von der Maschinenfabrik gebaute Concurrenztype «Vindo­bona» gab. Dieselbe war zwar mit dem letzten Preise bedacht worden, hat jedoch eminent historischen Werth nicht nur durch die zuerst bei ihr angebrachte Art einer Repressionsbremse, durch die erste Ausführung von Boxankerversteifungen mittelst Ankerschrauben (später Belpaire-Büchse), durch die während des Umbaues erfolgte erste Anbringung eines doppelten Domes mit Communicationsrohr (heute allgemein angewandt), sondern auch be­sonders dadurch, dass infolge geänderter Achsenanordnung aus der «Vindobona» die Locomotive «Wien-Raab», das Vorbild der Achtkuppler-Locomotiven fast sämmtlicher Staaten Europas, entstand. Die Locomotive «Wien- Raab» zählte zu den ersten Locomotiven Oesterreichs, die während der Regierungszeit unseres erhabenen Mon­archen öffentlich Kunde über den Aufschwung des Locomotivbaues in der Welt verbreitete; sie vertrat auf der Pariser Weltausstellung 1855, wo sie die goldene Medaille erhielt, in glänzender Weise die österreichische Loco- motivbau-Industrie, die ihre hervorragende Stellung auch in der Folge auf anderen Weltausstellungen zu be­wahren wusste. Es sei an dieser Stelle hervorgehoben, dass die Fabrik von ihrer Gründung bis zum Regierungs­antritte Sr. Majestät des Kaisers 83 Stück Locomotiven und während der bisherigen 50jährigen Regierungsdauer unseres Kaisers 2624 Stück Locomotiven herstellte. Auch die erste zehnfach gekuppelte Locomotive «Steyerdorf», seinerzeit die stärkste Locomotive des Continents, für grosse Steigungen und kleinste Krümmungen bestimmt, so­wie die viercylindrige «Duplex», beide auf der Londoner Weltausstellung im Jahre 1862, erstere auch auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867 aufsehenerregend, stellen Originaltypen der Maschinenfabrik vor, die dem Locomotivbaue lebendige und dauernde Impulse gaben. Die unter dem Namen «Engerth»-Locomotiven sehr ver­breiteten Maschinen wurden in Oesterreich als die ersten und in der Folge als die zahlreichsten in der Raaber Bahnfabrik gebaut, und stellte auch die im Jahre 1873 auf die Wiener Weltausstellung gelangte schmalspurige Achtkuppler-Locomotive eine specielle neue Type dieser Fabrik dar. Unter den Originalconstructionen, die aus dieser Fabrik über Haswells Initiative hervorgiengen, sind noch zu erwähnen: das Deichseldrehgestell als Neu- construction an der «Vindobona», später «Bisell-Gestell» genannt, die Balancirachsen (Haswell), später als «Brown- Achse» bekannt, die Pendelanordnung beim Drehgestelle an Stelle von Gleitpfannen, später beim «Kamper-Deichsel- gestelle» zu grösserer Verbreitung gelangt, die erste Dampf bremse an Locomotiven, die Einführung Haswellscher Wellblech-Feuerbüchsen, Hochlegung der Feuerbüchsen über den Rahmen und bewegliche Befestigung mittelst Pen­dels, bei modernen österreichischen Locomotiven derzeit eine sehr verbreitete Construction, und noch diverse andere.

Zugleich mit der AVien-Raaber-Bahn gieng auch die Fabrik im Jahre 1855 in den Besitz der k. k. priv. österr. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft, der nunmehrigen priv. österr.-ungar. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft, über. Dieser Besitzwechsel brachte den Impuls zur Erweiterung der Fabrik durch Zubau und Vermehrung von Arbeitsmaschinen mit sich, welche Maassnahmen sich im Zusammenhalte mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwünge in einer bis zum Jahre 1874 sich steigernden Production kennzeichneten. Die darauffolgende ^Periode des industriellen Rückganges endete erst im Jahre 1882, zugleich mit dem Rücktritte des ersten verdienstvollen Directors J. Haswell. Die neue, erst nach einigen Jahren stabilisirte Leitung der Fabrik (Fabriksleiter A. Martinek) setzte sich nicht nur eine weitere Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Fabrik, sowie Einbeziehung neuer Fabricationszweige in den Productionskreis zum Ziele, sondern verfolgte in energischer Weise auch eine eingreifende Modernisirung der Ar- beitsprocesse durch Einführung der neuesten Specialarbeitsmaschinen (viele davon aus England und Amerika), durch Weitererrichtung hydraulischer Anlagen, Vermehrung und Vereinfachung der Heb- und Transportmittel etc., welche Tendenz der Modernisirung mit der in Ausführung begriffenen Centralkesselanlage und Centralstation für elek­trische Kraftübertragung in allen AVerkstätten und durch den Neubau und die Vergrösserung der Montirungswerk- stätte ihren vorläufigen Abschluss finden wird. Die elektrische Werkstättenbeleuchtung war bereits im Jahre 1879, und zwar für die Kesselschmiede und Montirung, als erste derartige Fabriksbeleuchtung in Wien eingeführt worden und wurde im Jahre 1892 auf die ganze Fabrik ausgedehnt.

Im Jahre 1895 wurden durch die Fabrik in Oesterreich die ersten sechsfach gekuppelten Locomotiven mit Truckgestell ausgeführt, welche Type seit dieser Zeit schon fast bei allen österreichischen Bahnen Eingang ge­funden hat. Als umfangreichere, grössere Objecte, die in den letzten anderthalb Decennien neben allen Gattungen Locomotiven zur Ausführung gelangten, sind zu nennen: 3 Fördermaschinen, 4 Dampfschiebebühnen, 150 Kohlen­wagen, 100 Lastwagen, 150 Reservoirwagen, 1 fahrbare Hafendampfwinde, 22 Draisinen, 8 Heissluftmotoren, 107 Locomotiv- und Stabilkessel, 1 hydraulische Räderpresse und zahlreiche kleinere Maschinen.

Von den bis Ende 1898 gelieferten 2707 Stück Locomotiven entfallen: auf Oesterreich 2238 Stück, auf das Ausland 469, und zwar: auf Russland 120, Frankreich 65, Rumänien 102, Deutschland 54, Italien 58, Türkei 29, Bulgarien 20, Spanien ir, Schweiz 6, Serbien 4.

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