Stahlmagnete durch Elektromagnete mit Selbsterregung («dynamo-elektrisches Princip»), welch letztere Einrichtung eben das Wesen der dynamo-elektrischen Maschinen ausmacht.

Der erste Gleichstromanker ist aus einer im Jahre 1860 von Antonio Pacinotti in Florenz ge­bauten Maschine hervorgegangen, die ursprünglich nicht zur Stromerzeugung, sondern dazu bestimmt war, durch einen elektrischen Batteriestrom in Bewegung gesetzt, als Motor zu dienen, d. h. mechanische Arbeit zu leisten. Pacinotti fand aber, dass sein Elektromotor auch zur Stromerzeugung dienen kann, wenn man den Versuch umkehrt und den zwischen Magnetpolen drehbaren ringförmigen Anker, der sonst als Motorschwungrad mechanische Arbeit liefert, mit der Hand in Bewegung setzt; er gibt dann indu- cirten Gleichstrom an die Leitung ab, in der sonst die Batterie eingeschaltet war. Pacinotti war demnach der erste Erfinder einer magneto-elektrischen Gleichstrommaschine. Dabei musste jedoch ent­weder ein Stahlmagnet oder ein galvanisch erregter Elektromagnet als inducirender Magnet («Feld­magnet») dienen.

Obgleich es schon ein Fortschritt war, die Stahlmagnete durch die bei gleichem Gewichte viel leistungsfähigeren Elektromagnete zu ersetzen, so konnte dieser Vortheil doch erst dann seine volle Verwerthung finden, als es gelang, die inducirenden Elektromagnete ohne Anwendung einer eigenen Stromquelle (sei es eine Batterie, wie bei Pacinotti, oder eine Inductionsmaschine, wie bei Wilde) zu erregen, indem man den (anfangs nur von einem magnetischen Rückstände im Feldmagneteisen her­rührenden) Ankerstrom oder einen Zweig desselben durch die Magnetwicklung leitete und auf diese Art eine rasch anwachsende Erregung der Feldmagnete durch die Maschine selbst herbeiführte, so wie Sinsteden (1861) die Verstärkung der Stahlmagnete seiner Inductionsmaschine durch den Strom der Maschine selbst bewerkstelligte.

Die erste Dynamomaschine dieser Art wurde von Werner von Siemens erfunden und im Jahre 1867 veröffentlicht. Sie diente für Eisenbahnsignale und zum Minenzünden, wäre jedoch, da sie (mit dem Siemensschen Doppel-T-Anker versehen) nur intermittirende Ströme von geringer Periodenzahl liefern konnte, für Beleuchtungszwecke nicht verwendbar gewesen. Dies erzielte erst Gramme (1871), indem er eine Dynamomaschine baute, in welcher der Pacinottische Ringanker, den Gramme, unab­hängig von Pacinotti, selbst ebenfalls erfunden hatte, und der deshalb auch häufig der Grammesche Ring genannt wird, in Verwendung war.

Unstreitig war Gramme der Erste, der eine Maschine gebaut hat, die continuirliche dynamo­elektrische Starkströme lieferte; der Erste aber, der schon vor Gramme, nämlich im Jahre 1870, einen continuirlichen dynamoelektrischen Gleichstrom erzeugt und beobachtet hat, war ein Oesterreicher, nämlich Leopold Pfaundler, damals Universitätsprofessor in Innsbruck. Dies ergibt sich aus folgender Darstellung.

Im Jahre 1867 hatte der Innsbrucker Mechaniker Johann Kravogl, gleichfalls ein Oesterreicher, einen Elektromotor zur Pariser Ausstellung gesendet, bei dem der Spulenkranz des Pacinottischen Ringankers, den Kravogl (so wie später auch Gramme) unabhängig von Pacinotti erfunden hatte, auf eine höchst sinnreiche und eigenthümliche Art in Verwendung war, nämlich in der Weise, dass ein in der Höhlung des eisenumschlossenen Spulenkranzes gleitender Eisenkern den Feldmagnet ersetzte.

Von diesem Motor, der dazu bestimmt war, von einer galvanischen Batterie angetrieben, mechanische Arbeit zu leisten, sagte Pfaundler schon im November 1867, dass es im Sinne des von Werner von Siemens ausgesprochenen dynamoelektrischen Principes möglich sein müsse, mit demselben umgekehrt aus me­chanischer Arbeit continuirliche elektrische Ströme zu erzeugen, indem man, dem Antriebe der Batterie entgegen, den Ringanker mit der Hand dreht, während die Batterie durch Nebenschlüsse nach und nach abgeschaltet und schliesslich ganz entfernt wird. Und in einem späteren Briefe (vom 11. Februar 1870, also noch bevor Gramme seine Dynamomaschine veröffentlicht hatte) berichtete mir Pfaundler von dem Gelingen dieses denkwürdigen Versuches, continuirliche dynamoelektrische Ströme zu erzeugen.

Obgleich die ersten magneto-elektrischen Maschinen Wechselstrommaschinen waren und solche, theils mit Stahlmagneten, theils mit abgesondert erregten Elektromagneten ausgestattet, schon vor der Erfindung der selbsterregenden Dynamomaschinen auch zur Lichterzeugung vielfach im Gebrauche waren, wurden sie doch von den Gleichstromdynamos verdrängt, bis sich immer mehr das Bedürfnis geltend

Die Gross-Industrie. III. 22

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