Aus dem im Jahre 1879 von der Firma Siemens & Halske in Berlin errichteten technischen Bureau in Wien hat sich ein selbständiges Fabriksunternehmen entwickelt, welches infolge der an­genommenen Ausdehnung als das grösste in Oesterreich bezeichnet werden muss. Die Veranlassung zur Errichtung einer eigenen Fabrik in Oesterreich bildete der Bau der elektrischen Bahn Mödling- Vorderbrühl und die Einführung der Eisenbahnsicherungs- und Blockapparate auf den österreichischen Bahnlinien von Seite dieser Firma. Dieses österreichische Fabriksunternehmen, welches mit einer kleinen Fabrik von 50 Arbeitern begann und nach und nach sämmtliche Fabricationszweige des Berliner und Charlottenburger Hauses aufnahm, hat besonders in den Jahren 1885, 1887 und 1889 bedeutende Er­weiterungen der Werkstätten erfahren. In das letztere Jahr fällt auch die Einführung der Kabelfabrication, in das Jahr 1893 die Einführung der elektrischen Weichenstellung bei Bahnen. Im Jahre 1897 hat die Firma eine neue Kabelfabrik in Floridsdorf erbaut. Sie beschäftigt derzeit 200 Beamte und 2000 Arbeiter. Im Geschäftsjahre 1896/97 wurden 914 Stück Dynamomaschinen und Elektromotoren mit einer Gesammtleistung von 19.715 Kilowatt gebaut; ausserdem i36 Wagenmotoren für elektrische Bahnen mit zusammen 238o Kilowatt Leistung; ferner 1500 Bogenlampen, i3o.ooo .Lampenhalter, 3o.ooo Aus- und Umschalter, 12.000 Anschlussdosen, 70.000 Bleisicherungen, 3ooo Messapparate, 5,000.000 m Leitungsdrähte und Kabel, 600.000 m eisenarmirte Kabel u. s. w.

Ausser den bereits genannten grossen Elektricitäts-Centralen der Allgemeinen österreichi­schen und der Wiener Elektricitäts-Gesellschaft in Wien und dem ebenfalls schon erwähnten ersten Elektricitätswerke in Salzburg hat die Firma Siemens & Halske noch in folgenden Städten Oesterreichs Werke erbaut: Trient, Warnsdorf, Trautenau, Znaim, Laibach, Graz, Friedland, Przemyäl, Nixdorf u. s. w. Der Export ist zumeist nach dem Orient und Italien gerichtet.

Von der Firma Kremenezky, Mayer & Co. wurde im Jahre i883 eine elektrotechnische Fabrik in Wien errichtet, die sich im Laufe der Jahre bedeutend vergrösserte und in den letzten Jahren einen Stand von 500 Arbeitern aufwies. Diese Fabrik wurde im Jahre 1897 von der Elektricitäts- Actiengesellschaft vorm. Schuckert & Co. in Nürnberg angekauft und wird nun weiter die Basis für das von dieser Gesellschaft in Oesterreich unter der Bezeichnung «Oesterreichische Schuckertwerke» neu gegründete Unternehmen bilden. Die Firma Kremenezky, Mayer & Co. befasste sich vorzüglich mit der Fabrication von Dynamomaschinen, Bogenlampen, Fassungen, Aus­schaltern, Mess- und Regulirapparaten und mit der Ausführung von elektrischen Beleuchtungs- und Kraftübertragungsanlagen. Vollkommen getrennt von den mechanischen Werkstätten betrieb die Firma die Glühlampenerzeugung, welche bereits im Jahre 1891 für eine tägliche Fabrication von 3ooo Lampen eingerichtet war.

Eine Anzahl von Elektricitätswerken, und zwar in den Orten Gablonz, Arco, Ried, Kitz­bichl, Schönlinde, Zara, Rumburg u. s. w. wurde von ihr erbaut. Auch unterhielt die Firma einen lebhaften Aussenhandel mit Glüh- und Bogenlampen, Lampenfassungen, Ausschaltern und Blei-

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Sicherungen nach Russland, Italien, Bulgarien und Rumänien.

Die Eisengiesserei und Maschinenfabriks-Actiengesellschaft Ganz & Co. in Budapest, die sich schon seit dem Jahre 1876 mit der Fabrication von Dynamomaschinen befasst, deren elektrotechnische Abtheilung heute ca. 900 Arbeiter aufweist, und die sich besonders durch die Pflege des Wechselstromes nach ihrem bekannten, jetzt bei allen grösseren Wechselstromcentralen ange­wendeten Wechselstrom-Fernleitungssystem einen Weltruf erworben hat, errichtete im Jahre 1887 eine Filiale in Leobersdorf, indem sie die dort befindliche, durch Josef Berger gegründete Maschinen­fabrik käuflich an sich brachte. Auch in dieser Fabrik besitzt die Firma eine elektrotechnische Abthei­lung. Diese Abtheilung, die anfänglich nur aus einer kleinen Werkstätte für den Dynamomaschinenbau bestand, hat sich in den letzten Jahren bedeutend erweitert, beschäftigt derzeit 100 Arbeiter, und es werden jetzt Generatoren und Motoren für Gleich-, Wechsel- und Drehstrom, sowie Transformatoren in beliebigen Grössen erzeugt. Auch die Firma Ganz & Co. hat in Oesterreich eine grössere Zahl von Elektricitätswerken gebaut. Ausser der bereits früher erwähnten grössten Centralstation der Inter­nationalen Elektricitäts-Gesellschaft in Wien mit 8000 HP sind zu nennen die Werke in

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