wurden nur die Ventilatoren elektrisch angetrieben, während bei den neueren bereits auf die Bewegung der Anker­und Bootswinden und der grossen Geschütze vermittelst Elektricität Rücksicht genommen wurde. Es war keine leichte Aufgabe, die ersten grösseren Installationen auf Schiffen durchzuführen, da anfänglich sowohl die Er­fahrungen, als auch die entsprechenden Materialien fehlten. Das Seewasser und die beständige Nässe geboten besondere Vorsicht, und es entwickelte sich hier eine ganz eigene Art von Leitungs- und Installationsmaterialien. Die hier zur Verwendung gelangten wasserdichten Ausschalter, Anschlusscontacte, Sicherungen etc. können in ihrer bewährten Form als Typen für ähnliche Fälle gelten.

Erwähnt mag an dieser Stelle noch werden, dass die Firma die Constructionen zu einem verbesserten Nacht­signalapparat Patent Sellner lieferte und eine Anzahl von Schiffen' unserer Kriegsmarine gegenwärtig mit diesen Einrichtungen versehen wird.

Auch die Landarmee hat die Elektricität |ihren Zwecken dienstbar gemacht. Wenn man von den zahl­reichen Verwendungen der Schwachstromtechnik, wie Telegraphie, Telephonie, Minenzündung etc. absieht, so sind es zunächst die elektrischen Scheinwerfer, welche im Felde eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Die von der Firma Siemens & Halske in Wien zu diesem Zwecke construirte fahrbare Stromquelle gelangte, nachdem dieselbe bei Manövern unter den schwierigsten Verhältnissen durch mehrere Jahre ihre Probe abgelegt hatte, zur definitiven Anschaffung, und mehrere weitere solcher Beleuchtungswagen gelangen in kurzem zur Ablieferung. Bemerkens­werth ist das geringe Gewicht eines solchen Wagens, welches für eine io ÄP-Garnitur sammt den für einen zehnstündigen Betrieb erforderlichen Materialien nur 2500 kg beträgt.

Indem hier noch als bestes Zeugnis für den Werth der elektrischen Beleuchtung die Installation der ärari­schen Pulverfabriken angeführt wird, gelangt ein neues und vielleicht das wichtigste Capitel der zukünftigen Elektrotechnik, die elektrische Kraftübertragung, zur Besprechung.

Obwohl die elektrische Kraftübertragung im allgemeinen älteren Datums ist als die elektrische Beleuch­tung, so fand dieselbe doch nicht mit gleicher Raschheit Eingang in die Praxis. Das Haupthindernis war anfäng­lich in dem geringen Wirkungsgrade der Dynamos und Elektromotoren zu suchen. Erst seitdem es gelungen war, Motoren mit Wirkungsgraden von weit über 90°/ D zu bauen, konnte die elektrische Kraftübertragung mit den anderen bisher gebräuchlichen Kraftvertheilungssystemen den Kampf aufnehmen. Mit der steigenden Verwendung des Elektromotors machte sich auch das Bedürfnis nach Specialconstructionen fühlbar. Das Bergwerks- und Kraftübertragungsbureau hat im Laufe der Jahre Typen geschaffen, in welchen den verschiedenen Bedürfnissen, die je nach Verwendung des Motors auftreten, Rechnung getragen wird.

Nach dem heutigen Stande der Technik ist die Kraftvertheilung wohl nur auf zweierlei Art praktisch und mit wirthschaftlichem Erfolge zu lösen: entweder durch Anwendung von Transmissionen oder mit Hilfe von Elektro­motoren. Sobald das mit Kraft zu versorgende Gebiet eine zu grosse Ausdehnung annimmt, wachsen die mechani­schen Verluste bald zu einer Höhe an, die eine Anwendung des ersten Systems unökonomisch erscheinen lassen, und es tritt sodann der Elektromotor in die vorderste Linie.

Die Anwendung der elektrischen Kraftvertheilung in industriellen Etablissements gehört erst der neueren Zeit an, da man sich mit Rücksicht auf die Kosten nur ungern entschloss, an bestehenden Einrichtungen Um­änderungen vorzunehmen. Eine der ersten grösseren Kraftvertheilungsanlagen führte die Firma in ihrer Fabrik aus; bald jedoch mehrten sich die Aufträge auf ähnliche Anlagen, und heute ist deren Liste bereits zu umfang­reich, um an dieser Stelle veröffentlicht zu werden. Von den grösseren Etablissements, welche von dem elektrischen Antriebe in ausgedehntem Umfange Gebrauch machten, ist in erster Linie die Drehersche Brauerei in Steinbruch bei Budapest zu nennen, woselbst 10 Motoren in Grössen von 3 5 HP bis 1 HP zu verschiedenen Zwecken in Ver­wendung stehen. Hermann Pollacks Söhne in Floridsdorf haben 12 Motoren von zusammen 200 HP aufgestellt; in der Leipnik-Lundenburger Zuckerraffinerie stehen 16 Motoren mit zusammen 140 HP in Verwendung; die Papier­fabrik in Schlöglmühl betreibt mittelst 6 Motoren von zusammen 140 HP diverse Maschinen, darunter vier grosse Papiermaschinen; die Maschinenfabrik und Schiffswerfte Danubius-Schönichen-Hartmann in Budapest verwendet zur Vertheilung von 220 HP 6 Motoren. Eine Anlage, welche in Hinsicht auf die grosse Anzahl in Verwendung stehender Motoren erwähnenswerth ist, ist die der Rieglerschen Papierfabriks-Actiengesellschaft in Budapest, wo­selbst 20 Motoren von zusammen 46 HP zum Antriebe diverser Maschinen verwendet werden.

Vorstehende Beispiele sollen nur die Verwendung der elektrischen Kraftvertheilung in den verschieden­artigsten Industrien zeigen.

Auch zahlreiche Anlagen, wo fernliegende Wasserkräfte zum Betriebe bestehender Etablissements heran­gezogen wurden, sind in den letzten Jahren entstanden, und eine bedeutende Anzahl derselben verdankt speciell der Wiener Firma Siemens & Halske ihr Entstehen. Seit der Entwicklung des Drehstromsystems ist die Ab­hängigkeit der Durchführbarkeit von den Entfernungen fast ganz verschwunden, und es ist ein nicht geringes Verdienst der Firma, dass sie die erste war, welche die Fabrication von Drehstrommaschinen und deren Zubehör in Oesterreich eingeführt hat. Ohne einzelne solcher Anlagen aufzuzählen, soll hier nur erwähnt werden, dass bereits gegen 7000 HP für den Betrieb von Drehstrommaschinen, welche aus den Werken von Siemens & Halske in Wien stammen, aufgewendet werden.

Vor nicht langer Zeit fand die elektrische Kraftübertragung auch Eingang in den Bergwerksbetrieb, und heute kann man bereits sagen, dass sie dieses Gebiet in kurzem vollständig beherrschen wird. Das geringe Gewicht der Motoren, die Leichtigkeit, mit welcher Leitungen umgelegt oder verlängert werden können, lassen

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