Bezüglich der Technik des Fernsprech Wesens muss zwischen den Einrichtungen für Stadtnetze und für die interurbanen Leitungen unterschieden werden. Mit Ausnahme der Stationsapparate sind dieselben wesentlich verschieden, je nachdem es sich um den Localverkehr oder den Fernverkehr han­delt. Es wird sich unter solchen Umständen empfehlen, zunächst die Stationsapparate (Abonnenten­apparate, Dienstgarnituren) in ihrer gegenwärtigen Form, sodann den Leitungsbau in Stadtnetzen und die technische Einrichtung der localen Vermittlungsämter, endlich die interurbanen Leitungen zu be­sprechen.

Jedem Leser dieser Zeilen dürfte die Einrichtung und der Gebrauch der in Oesterreich ein­geführten Abonnentenapparate bekannt sein. So sehr die äussere Form und auch die innere Detail- construction der von den verschiedenen Privatgesellschaften übernommenen Apparate von der Staatstype abweicht, im Principe ist doch die Schaltung und die Handhabung bei allen Garnituren die gleiche. Bei aufgehängten Telephonen ist ein Wechselstromwecker und ein Magnetinductor in die Leitung ein­geschaltet, um den Abonnenten in Stand zu setzen, zu rufen und gerufen zu werden. Es muss bei dieser Gelegenheit betont werden, dass die österreichische Verwaltung den so praktische Vortheile gewährenden Inductoranruf von Anfang an allgemein einführte und hiedurch die namhaften Kosten, welche in anderen Verwaltungen der spätere Uebergang vom Batterie- zum Inductoranruf verursachte, vermied.

Beim Ergreifen des auf einem beweglichen Hebel hängenden Telephons werden die erwähnten Signalapparate aus- und dafür die beiden Fernhörer und die secundäre Wickelung der Inductionsspule eingeschaltet; gleichzeitig wird der aus dem Mikrophon, der Batterie und der primären Wickelung der Inductionsspule bestehende Localstromkreis geschlossen. Die Mikrophone sind durchaus Kohlenpulver­mikrophone österreichischer Provenienz. Wird noch beigefügt, dass jede Garnitur durch eine Blitz­schutzvorrichtung gegen die Einflüsse der atmosphärischen Elektricität, jene Stationen, deren Zu­führungen Starkstromleitungen kreuzen, durch Schmelzsicherungen gegen eventuellen Schaden geschützt werden, so ist der österreichische Stationsapparat soweit beschrieben, als es bei dieser Gelegenheit zu­lässig erscheint.

Diese Apparate müssen nun durch Leitungen mit jenen Aemtern Centralen verbunden werden, welchen die Verbindung der Theilnehmer untereinander obliegt. Da es sich bei Stadtnetzen in der Regel um eine sehr grosse Zahl von Leitungen handelt, welche innerhalb der Stadtgebiete zu führen sind, erfordert jede solche Anlage besondere technische Durchbildung und Ueberlegung. Säulen für Hunderte von Drähten können in den belebten Strassen zumeist nicht aufgestellt werden, man ist daher gezwungen, die oberirdischen Leitungen entweder an den Fa^aden der Häuser zu führen oder über den Dächern auf Dachständern zu befestigen. Eine weitere Complication des Leitungsbaues führen die mannigfachen Störungen herbei, welche bei Benützung der Erde als Rückleitung auftreten. Abgesehen von den Erdgeräuschen, welche bei Einzelleitungen unvermeidlich sind, zeigt sich häufig auf solchen Leitungen ein die Verständigung sehr beeinträchtigendes «Ueberhören» von einer Leitung auf die andere. Dazu kommt noch, dass Abonnentenstationen, deren Erdleitungen in der Nähe der Schienen­rückleitung elektrischer Bahnen gelegen sind, oder deren einfache Zuleitungsdrähte Starkstromleitungen benachbart sind, unter so starkem Geräusch zu leiden haben, dass der Betrieb fast zur Unmöglichkeit wird. Da alle diese störenden Momente wirksam nur durch metallische Rückleitung beseitigt werden können, musste sich die Verwaltung in vielen Fällen dazu entschliessen, auch Abonnentenleitungen in Schleifen zu verwandeln, wodurch natürlich die Zahl der unterzubringenden Drähte verdoppelt wird.

Die oberirdischen Leitungen in Stadtnetzen werden in Oesterreich fast ausschliesslich auf Dach­ständern geführt und nur in den Seitenstrecken über Mauerträger oder Holzsäulen gespannt. In Telephon­netzen, wo viele Drähte neben- und übereinander nach allen Richtungen und auf beträchtliche Spann­weiten gezogen werden, kann nur widerstandsfähiger Draht von möglichst geringer Stärke Verwendung finden, um einerseits Drahtbrüche und Verwicklungen hintanzuhalten, andererseits die Trägerconstructionen nicht allzusehr zu belasten. Aus diesen Gründen wurde ursprünglich fast allgemein Stahldraht von 2 mm Durchmesser für diese ZweckfT benützt. Dieses Material musste jedoch später wegen seiner magnetischen Eigenschaften und des verhältnismässig hohen Widerstandes aufgegeben und durch

Die Gross-Industrie. III.

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