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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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LEOPOLDER & SOHN

TELEGRAPHEN-, TELEPHON- UND WASSERMESSERFABRIK

WIEN.

ohann Leopolder, der Begründer des obgenannten Etablissements, wurde am 2. Juli 1826 geboren, trat am 15. März 1841 zum Mechaniker Michael Eckling, Wien, in die Lehre und blieb auch als Arbeiter und Werkführer in dessen Geschäfte, bis er sich am 1. Jänner 1850 als Mechaniker für die Erzeu­gung physikalischer Instrumente selbständig machte.

Im Jahre 1853 wurde er Lieferant für die österreichische Staatstelegraphen-Anstalt. Am 9. März 1858 associirte er sich mit Josef Schuchart und widmete das erweiterte Etablissement ausschliesslich der Erzeugung von Telegraphen- und elektrischen Signalapparaten. Nach dem am 1. August 1860 erfolgten Austritte Schucharts führte Leopolder das Geschäft bis zum 1. Mai 1872 allein weiter, zu welcher Zeit es von der Allgemeinen Telegraphenbau-Gesellschaft angekauft wurde, in welcher Leopolder jedoch gleichfalls thätig blieb. Als am 29. April 1876 das neue Unternehmen in Liquidation trat und die Wiener Werkstätte in die Hände Ferdinand Tei- richs übergieng, verband sich Leopolder wieder mit diesem zur Firma «Teirich & Leopolder», welche nunmehr stth. dem mit 3i. Juli 1895 erfolgten Austritte Teirichs in «Leopolder & Sohn» umgewandelt wurde.

Leopolder stand seit der allerersten Einführung elektrischer Telegraphen in Oesterreich-Ungarn bis zum heu­tigen Tage mit der in Betracht gezogenen Eisenbahnbranche fast unausgesetzt in werkthätiger Beziehung. Schon als Arbeiter und Werkführer war ihm die Ausführung der im Jahre 1846 und 1847 aus der Ecklingschen Werkstätte hervorgegangenen ersten Bainschen Nadeltelegraphen in allen Variationen anvertraut gewesen, und wurden ihm späterhin, als er sich selbständig gemacht hatte, viele einschlägige Herstellungen übertragen. Von ihm wurden die ersten im Wege der Privat-Industrie in Oesterreich-Ungarn ausgeführten Morse- und Läutewerks-Einrichtungen geliefert, und bei vielen Schwachstrom-Einrichtungen der österreichischen Eisenbahnen, an deren Entstehen, Ent­wicklung oder Verbesserung war er direct oder indirect betheiligt gewesen.

Viele der in dieser Beziehung während des letzten halben Jahrhunderts in Oesterreich zu Tage getretenen Erfindungen, Projecte und Neuerungen haben an ihm einen stets unverdrossenen, opferbereiten Interpreten gefunden, selbst dann, wenn er sich für den Gegenstand gar nicht zu erwärmen vermochte, und nicht selten war es lediglich er, welcher der lose geschürzten Idee erst die praktische Form gab.

Schon Ende der Fünfzigerjahre hatte er ein Läutewerk construirt, das seit 1861 in der Monarchie sehr ver­breitet ist und seinen Weg auch ins Ausland, nämlich nach Italien, Serbien, Rumänien, nach der Schweiz und nach Frankreich (die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn hatte z. B. im Jahre 1881 bereits 1384 Leopolder-Läutewerke auf­gestellt) fand. Im Jahre 1865 führte Leopolder ein elektrisches Distanzsignal nach der Idee Veratis (Telegraphen­ingenieur zu Verona) aus, das jedoch nur akademischen Werth besass, wogegen ein später nach eigener Idee ausgeführtes elektrisches Distanzsignal namentlich vom Jahre 1870 an grosse Verbreitung- fand.

Aus seinem Etablissement sind unter anderen einschlägigen Apparaten die ersten Controlklingelwerke zu Distanzsignalen, Taster, Boussolen, automatische Signalgeber und Registrirvorrichtungen zu den Glockensignal- Einrichtungen, die ersten Rheostattaster für Differenzstromschaltungen u. s. w. hervorgegangen.

Jedoch nicht allein auf elektrotechnischem Gebiete versuchte sich Leopolder mit bestem Resultat?' er

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erschloss sich auch ein anderes Feld der Thätigkeit, indem er sein Etablissement zur Fabrication der fast allgemein eingeführten Wassermesser einrichtete. Dass ihm auch hier der Erfolg treu blieb, erhellt schon aus dem Ums;aride, dass das Wassermessersystem Leopolder ausser in Wien in vielen Provinzhauptstädten der Monarchie und in Deutsch­land eingeführt wurde. Bei diesen Wassermessern, für welche Leopolder mit 11. Mai 1878 das Patent ertheilt -wurde, war durch eine neue Anordnung des Gehäuses, wie des Zählwerkes die Genauigkeit erhöht und das Ablesen er­leichtert worden. Leopolder trachtete jedoch noch weitere Verbesserungen diesbezüglich einzuführen, und erhielt die Firma Leopolder & Sohn hiefür am 20. August 1896 das österreichische und am 12. December desselben Jahres das ungarische Privilegium. Die Haupt- und Residenzstadt Wien bezog allein 11.216 Wassermesser, was mit den für Installateure, grössere Etablissements, Eisenbahnen, Brauhäuser, Fabriken und Elektricitätswerken gelieferten 23.866 Wassermessern und jenen für die anderen Städte eine Gesammtsumme von 55.000 ergibt. Der Export dieses Erzeugnisses beschränkt sich hauptsächlich auf Egypten.

Auch auf dem Gebiete der Telephonie hat Leopolder gewirkt, und wurden, nach Uebernahme der Vertretung von Graham Bell für Oesterreich, im Jahre 1882 die Städte Prag, Graz, Triest, Lemberg, Krakau etc. mit Tele­phonen versehen. Im Jahre 1886 wurden in seinem Etablissement die ersten Telephonstationen für den interurbanen Verkehr in Oesterreich für den Staat zusammengestellt und geliefert und von diesem später als Normaltype aufgestellt.

In der Fabrik werden derzeit 60 Monteure und Arbeiter beschäftigt.