ALOIS PARTTARTS EIDAM EDMUND LUNER

PIANOFORTE-FABRIK

ATZGERSDORF BEI WIEN.

ie Clavierfabrication, im vorigen Jahrhunderte innerhalb enger Schranken betrieben, erhielt eine mächtige Förderung, als die sogenannte Wiener Mechanik in den ersten Jahrzehnten unseres Jahr­hunderts in praktische Verwendung kam. Streicher, der Schwiegersohn Steins, des Erfinders dieser Mechanik, erzeugte nach dem neuen System in Wien Instrumente, die durch Klangfülle und Tonschön­heit Weltruf erlangten. In dem Namen, der den neuen Instrumenten beigelegt wurde: Piano e forte (woraus dann Pianoforte und Fortepiano entstand), drückt sich das Wesen des Fortschrittes, den Steins Erfindung auf dem Gebiete der Clavierfabrication herbeiführte, vollkommen aus. Mit Stein und Streicher beginnt die Glanz­zeit der Clavierfabrication, und mochte auch das bald darauf aufkommende englische System denselben Erfolg wie die Wiener Mechanik erzielen, so war dadurch der Wiener Industrie dennoch kein Abbruch geschehen. Im Gegen- theile wusste diese ihre gewonnene Position zu befestigen, und heute treten die Wiener Claviere in sieghafte Con- currenz mit der sonst übermächtigen amerikanischen und englischen Fabrication. An jene Firmen, die den Ruf des österreichischen Instrumentes in alle Welt verbreitet haben, deren Flügel gegenwärtig überall bekannt und beliebt sind, reiht sich die Pianofortefabrik Alois Parttarts Eidam Edmund Luner an, die in ihren grossen Fabriksanlagen zu Atzgers- dorf, einer nächst Wien gelegenen Südbahnstation, die so geschätzten Erzeugnisse in bedeutender Anzahl verfertigt.

Alois Parttart, der Begründer dieses Etablissements, wurde im Jahre 1841 in Gumpendorf, damals noch ein Vorort Wiens, als der Sohn ehrsamer Bürgersleute geboren. Mit 20 Jahren trat er als Praktikant in eine Clavier- fabrik ein, wo er sich in verhältnismässig kurzer Zeit, unterstützt von seinem hervorragenden Talente, die ganze Clavierbaukunst durch eisernen Fleiss zu Eigen machte. Mit wachsamer Aufmerksamkeit verfolgte und studirte er jeglichen Fortschritt auf dem Gebiete seiner Branche, untersuchte und prüfte die Vorzüge und Mängel der Fabrikate ausländischer Provenienz. So erwarb er sich einen reichen Schatz von Kenntnissen und Erfahrungen, mit deren Hilfe er zu grösseren Leistungen befähigt und berufen war, als er im Jahre 1869 sich selbständig machte, indem er das ganz kleine Claviergeschäft seines Schwiegervaters Bessner übernahm, in welchem zu jener Zeit drei Arbeiter und ein Lehrjunge beschäftigt waren. Unscheinbar und bescheiden waren somit die Anfänge,

aber durch rastlose Thätigkeit des Gründers, der nicht nur als Geschäftsmann sein Eta­blissement betrieb, sondern auch das Inter­esse und den Zweck der hohen Kunst, der seine Fabrikate als Mittel dienten, zu fördern bestrebt war, wuchs und gedieh das Unter­nehmen, dessen Umfang und innere Einrich­tung sich bald zur Bewältigung der einlan­genden Bestellungen als viel zu klein erwies. So gelangte Alois Parttart allmälig dazu, sich eine Stätte zu gründen, an der er sein ganzes Wissen und die gesammelten Erfahrungen verwerthen, all seine Kräfte voll entfalten konnte: er gründete seine Fabrik zu Atzgers- dorf. Mit richtigem Verständnis für die Ideen seiner Zeit, die sich gegen die Anlage von Fa­briken in Städten richteten, wählte er diesen Ort, der, reich an Naturschönheiten und in gesunder Lage, alle die Vortheile von selbst bot, die von anderen Fabriken oft nur unter schweren Opfern erreicht werden können.

Alois Parttart erwarb im Jahre 1892 knapp an der Bahnstation ein grosses Areale, auf dem er seine mächtigen Betriebsstätten errichtete, wohin nun die Thätigkeit des bisherigen Wiener Etablissements verlegt wurde, dessen Auflassung unmittelbar darauf erfolgte. Auf weiten Reisen hatte der Gründer vorher die Anlage und Ein­richtung der grössten Unternehmungen auf diesem Gebiete eingehend studirt und die dabei gemachten Erfahrungen bei der Ausgestaltung seines Neubaues fructificirt. Allen Neuerungen, jeglichen Fortschritten der Technik wurde Rechnung getragen, Maschinen neuesten Systems aufgestellt und das zu verwendende Material nur in tadelloser

Maschinen - Raum.

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