Demgemäss muss für jedes Rad eine separate Waage vorhanden sein; die Anzahl dieser Waagen hängt von der Construction, beziehungsweise Type der Locomotiven ab, je nachdem, ob dieselben drei-, vier- oder fünfachsig sind. Bei der Locomotivwaage der Firma Schember bewirkt die gleiche Höhenlage der einzelnen Brückenfelder zu einander mittelst der Central-Auslösung ein gleichzeitiges und gleichmässiges Functioniren, so dass die einzelnen Achsschenkel eine nahezu vollkommen wasserrechte Ebene bilden, was für die richtige Vertheilung der einzelnen Raddrücke (die Federn) von entscheidender Wesenheit ist. Welcher Beliebtheit sich die Locomotivwaagen der Firma Schember er­freuen, ergibt sich aus der Thatsache, dass die Firma seit ihrem Bestände folgende ansehnliche Lieferungen auszu­führen hatte: Den k. k. Staatsbahn-Directionen drei Stück auf je 100.000 kg Wägefähigkeit, bestimmt für die Werk­stätten Linz, Gmünd und Neu-Sandec; der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft drei Stück auf je 100.000% Wägefähigkeit, für die Werkstätten Wien, Innsbruck und Stuhlweissenburg; der k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn ein Stück auf 100.000 kg Wägefähigkeit für die Werkstätte Floridsdorf; der k. k. priv. österrr. Nordwestbahn ein Stück auf 72.000 kg Wägefähigkeit für die Werkstätte Nimburg; der k. k. priv. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft ein Stück auf 100.000 kg Wägefähigkeit für die Werkstätte Wien; der k. k. priv. böhm. Nordbahn ein Stück auf 72.000 kg Wägefähigkeit für die Werkstätte Böhm.-Leipa; den königl. ungar. Staatsbahnen vier Stück auf je 100.000 kg Wägefähigkeit, von denen zwei Stück für die Werkstätten in Budapest und je eine für die Werkstätten in S.-A.-Ujhely und Klausenburg entfallen; endlich der Odessaer Eisenbahn ein Stück auf 72.000 kg Wägefähigkeit für die Werkstätte Odessa.

Den durchschlagendsten Erfolg erzielte das Unternehmen indessen mit seiner Waggon-Brückenwaage ohne Geleiseunterbrechung. Diese Construction unterscheidet sich von der vordem allgemein üblichen mit unter­brochenem Geleise dadurch, dass hiebei das kostspielige und bisweilen wegen Terrainschwierigkeiten unausführbare Nebengeleise erspart wird, dieselbe vielmehr in jedes Hauptgeleise eingeschaltet und mit allen Fahrbetriebsmitteln, mit Last- oder Eilzügen, in beliebiger Geschwindigkeit, befahren werden kann. Die Construction dieser Waage liegt zwischen dem Geleise; demnach ist der Gesammtmechanismus von der Geleiseanlage vollkommen getrennt und unabhängig. Die Geleisewaage der Firma C. Schember & Söhne entspricht in jeder Hinsicht den bahnpolizeilichen Bedingungen in Bezug auf die Sicherheit des Betriebes vollkommen.

Diese wesentlichen Vortheile der neuen Construction veranlassten ihre Einführung nicht allein bei allen Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie, bei welchen sie heute als Normaltype gilt; auch in allen anderen europäischen Staaten ist diese Waagentype ausschliesslich durchgedrungen, so dass sich die Schemberschen Locomotiv- und Waggon-Geleise-Waagen eines internationalen Rufes erfreuen.

Aber auch andere, von der Firma eingeführte Neuerungen, wie ihr Laufgewichts-System mit Registrir- Einrichtung, ihre automatischen Waagen, ihre Präcisions-Instrumente für Laboratorien, Spinnereien, Webereien, Papierfabriken, Eisenwerke und Maschinenfabriken, namentlich aber die neuartigen Goldwaagen zum Verwägen von Goldbarren und Goldmünzen, welche in der österreichisch-ungarischen Bank in Wien und Budapest eingeführt sind, erfreuen sich verdienter Beachtung.

Die Firma C. Schember & Söhne ist wohl die einzige Specialfabrik des' Continents, welche Waagen aller Grössen von der kleinsten und zartesten Präcisionswaage bis zur Locomotivwaage schwersten Calibers erzeugt. Der Ruf der Schemberschen Fabrikate beschränkt sich nicht auf die Grenzen der Monarchie, vielmehr finden dieselben in allen Nachbarstaaten ein reiches Absatzgebiet. In Würdigung ihrer Verdienste und Leistungsfähigkeit wurde die Firma durch den Titel «k. u. k. Hoflieferanten» ausgezeichnet. Auch von Seiner Majestät dem Könige von Serbien wurde der Firma die Berechtigung, sich des Titels «kgl. serbische Hoflieferanten» zu bedienen, zuerkannt.

Einem Wunsche der königl. ungarischen Regierung Rechnung tragend, wurde seitens der Firma im Jahre 1878 in Budapest eine vollständig unabhängige Schwesterfabrik in der Rottenbillergasse Nr. 12 und 14 errichtet, welche gleich dem Wiener Stammhause mit Dampfmotoren und Specialmaschinen ausgestattet wurde. Dank des rastlosen Bestrebens der Firma und der Förderung vonseiten ihrer zahlreichen und bedeutenden Committenten nahm der Absatz ihrer Fabrikate einen solchen Aufschwung, dass sowohl das Wiener, wie auch das Budapester Haus sich genöthigt sahen, ihre Etablissements durch solche von wesentlich grösserem Umfange zu ersetzen.

So übersiedelte die Firma 1888 in ein 15.000 m 2 umfassendes Fabriksgebäude in Atzgersdorf bei Wien. (Abbildung I.) Drei Jahre später wurde für die Budapester Fabrik ein Neubau (VI., Hungariastrasse Nr. 83) ausgeführt.

In den Jahren 1888 und 1890 war die Firma C. Schember & Söhne bei den von dem Niederösterr. Gewerbe­vereine und der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft veranstalteten Ausstellungen in Wien in ihren eigenen stilvoll gebau­ten Pavillons, welche die Aufmerksamkeit der Besucher in hohem Maasse auf sich lenkten, hervorragend vertreten.

Die Entwicklung des Unternehmens hatte trotz der Verwendung von Dampf kraft und Hilfsmaschinen eine rasche Vermehrung der Arbeiterzahl in den beiden Niederlassungen Atzgersdorf und Budapest zur Folge. Die Firma beschäftigt jetzt 350 Arbeiter, eine mit Rücksicht auf die Specialfabrication gewiss sehr ansehnliche Anzahl, die von keiner Concurrenzfirma des Continents auch nur annähernd erreicht wird.

In Anerkennung seines industriellen Wirkens wurde der Chef und Begründer der Firma, Herr Conrad Schem­ber, von Seiner Majestät dem Kaiser Franz Joseph I. neuerlich durch Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Joseph- Ordens ausgezeichnet.

Besondere Erwähnung verdient schliesslich die Anlage und Ausstattung der beiden Niederlagen der Firma C. Schember & Söhne in Wien, I., Akademiestrasse Nr. 4, und Budapest, VI., Andrassystrasse 15, welche ein glän­zendes Bild der Bedeutung und Vielseitigkeit ihrer Production bieten.

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