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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
Entstehung
Seite
301
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Esche. Möbel, Wagnerei, Holzschuhe, landwirthschaftliche Geräthe, Waggonbau.

Gemeine Rosskastanie. Kisten, Holzschuhe, Schnitzwerk, Späne, Marqueterie.

Linde. Schnitzholz ersten Ranges, Möbel, Wagnerei, Weinpfähle, Hutformen, Spielwaaren, Papierzeug.

Insofern die einzelnen Bearbeitungsarten nicht bei anderen Industriezweigen besprochen wurden, gelangen sie in nachfolgenden Artikeln zur Behandlung.

DIE EICHENFASSHOLZ-PRODUCTION.

VON

LEOPOLD KERN,

HOLZ-INDUSTRIELLEN.

inem mächtigen Strome, der durch Wälder und Auen zum Meere fluthet, gleicht Oester­reichs heutiger Export an Eichenspalthölzern; als ein recht unscheinbares Bächlein zeigte er sich zur Zeit des Regierungsantrittes unseres Kaisers.

In stiller Ruhe streckten die riesigen, Jahrhunderte alten Eichen der Save- und Drau- niederungen ihre majestätischen Häupter zum Himmel empor, und selten betrat ein menschlicher Fuss das Innere der meilenweiten Urwälder. An den Rändern derselben, da, wo der Fluss die Abfuhr ermöglichte, machte der einheimische Unternehmungsgeist seine ersten Gehversuche. Es wurde mit der Erzeugung französischer Fassdauben begonnen. Mühselig und langsam, in geringen Mengen, gelangten diese ersten Sendungen über Buccari und Fiume nach Frankreich. Von einem Binderholzexport war damals keine Spur. In Wiener Binderwerkstätten wurde sogar zum Theile aus Baiern importirtes Holz verwendet. Der Landbinder schlug sein Holz selbst, wo Eichen in der Nähe waren, den Winter über, nach den Weinlesearbeiten. Allmälig verändert sich dieses Bild, es treten bessere Handels- und Verkehrsverhältnisse ein, der Weinhandel progressirt, die Fassbinderei ist gut beschäftigt, jeder will fertige Dauben haben. Jetzt tritt der Binderholzproducent auf den Plan. Er wirbt die Gesellen, welche den Winter über in den Werkstätten weniger gut gelohnt sind, führt sie weit hinaus in den Hochwald und arbeitet auf gut Glück. In Waldhütten, aus Eichendauben praktisch und wohnlich hergestellt, werden die Leute untergebracht. Anfangs ist es der Arbeitgeber, der «die Hütte führt», d. h. er sorgt für die Verköstigung, welche unentgeltlich ist, und entlohnt den einzelnen, den «Schnitter, Klieber, Sprenger, Flacher», zumeist per Woche. Aber bald zieht er es vor, einem Accordanten aus ihrer Mitte, «Cassator» genannt, die Arbeit in Eimerlohn zu übergeben, denn immer ungeberdiger und bequemer werden die Leute, je augenfälliger ihnen ihre Unentbehrlichkeit wird angesichts der stetig wachsenden Anforderungen des Fassconsumes an den Wald. Schon längst haben die Rollen zwischen uns und den Baiern gewechselt, w i r exportiren, s i e importiren fortan unser Holz, welches immer weiter nach Deutschland dringt, wo der Bedarf zunimmt und die hiebreifen Eichen verschwinden.

In Oesterreich selbst hat eine neue Aera begonnen. Anton Dreher, der Reformator unserer Bier-Industrie, wirft die alten Systeme und Kellereinrichtungen über den Haufen, sein Beispiel wirkt aneifernd, es wird auch anderwärts vergrössert, verbessert, und neue ungewohnt grosse Lagerfässer sollen in Menge beschafft werden. Nun wird die Arbeiterfrage zur Calamität.

In diese Zeit der Noth fällt zuerst die Verwendung des «Kramers» zur Binderholzerzeugung. In den Bergen, wo Save und Kulpa entspringen, und in dem Karstgebiete, dessen harter Boden seine Kinder nicht nährt, ist die Heimat des tüchtigen Menschenschlages, ohne welchen es nicht möglich gewesen wäre, die österreichische Fassholz-Industrie zur gegenwärtigen Bedeutung zu bringen. Zur Erzeugung französischer Dauben hatte man sie schon vorher in Anspruch genommen, jetzt musste mit ihnen der Versuch gemacht werden bei der complicirteren, grössere Geschicklichkeit erfordernden Binder-