SANDOR JARAY

K. UND K. HOF-KUNSTMÖBELFABRIK UND DECORATIONS -ATELIER

WIEN.

ei dem erfreulichen Aufschwünge, welcher in Oesterreich auf allen Linien der Kunst-Industrie während der Regierungszeit Kaiser Franz Josefs zu verzeichnen ist, hat gleich allen übrigen Zweigen derselben auch die Decorationstechnik eine hohe Stufe erreicht. Das Verdienst daran gebührt nebst einer Reihe von Künstlern, welche zu Beginn der Sechzigerjahre den Anstoss zur Wiederbelebung des altberühmten österreichischen Kunstgewerbes gaben, vor allem denjenigen Meistern, die in ihren Ateliers die künstlerischen Ideen zur praktischen Geltung brachten und durch ihre vollendeten Erzeugnisse den Geschmack des Publicums bildeten und reiften. In die Zahl der in dieser Richtung auf dem Felde der österreichischen Industrie hervorragend wirksamen Persönlichkeiten eingereiht zu werden, besitzt wohl Sândor J äray, der Gründer und Besitzer des obgenannten Etablissements, einen gerechtfertigten Anspruch.

Sândor Jàray begründete im Jahre 1868 mit bescheidenen Mitteln sein Atelier, und es gelang ihm in jener für das heimische Kunstgewerbe so fruchtbaren Epoche, seinem Geschäfte in kurzer Zeit schon eine so ansehnliche Bedeutung zu verleihen, dass er bereits im Jahre 186g zu grösseren Decorationsarbeiten, darunter zur Restaurirung und Umgestaltung des Zuschauerraumes am Theater a. d. Wien herangezogen wurde. Anschliessende bedeutendere Aufträge, wie die innere Ausstattung des Hôtel Austria, des dritten Kaffeehauses im k. k. Prater und von Schwenders Colosseum, die Einrichtung der Theater und Redoutensäle in Temesvär und Warasdin trugen zur weiteren Entfaltung des Ateliers bei, welches damals schon ein recht stattliches Personal beschäftigte. Die unmittelbare Folgezeit war für das junge Unternehmen eine recht kritische. Einzelne von den grossen Etablissements, wie das Hôtel Austria, das dritte Kaffeehaus, die Actiengesellschaft der Temesvärer Theater und Redoutensäle, litten Schiffbruch, was für Sândor Jâray mit grossen Verlusten verbunden war, die sich um so fühlbarer geltend machten, als auch die Weltausstellung des Jahres 1873, an der er sich gleichfalls hervorragend betheiligte, mit dem bekannten materiellen Misserfolge endete. Es gelang jedoch der Energie und der Ausdauer Järays diese Schläge, sowie die schwere wirth- schaftliche Krise nach dem Jahre 1873 zu überwinden, und bald nahm das Geschäft wieder einen erfreulichen Aufschwung.

Im Jahre 1874 erhielt das Atelier Sândor Jâray die Ausführung der Hofsalons am Ischler Bahnhofe übertragen, bald darauf die Einrichtung eines Theiles des kaiserlichen Jagdschlosses in Lainz, welchen Arbeiten sich auch in der Folge grössere Aufträge, wie die innere Ausstattung zahlreicher Räumlichkeiten des kunsthisto­rischen Museums in Wien, des Zuschauerraumes und der Hofubicationen des neuen k. k. Hof-Burgtheaters u. a. anschlossen. Dabei war es Sândor Jâray gelungen, mit seinen Erzeugnissen auch im Auslande festen Fuss zu fassen, und er wusste die auswärtigen Beziehungen durch persönliche Geschäftsreisen nach Deutschland, Russland, den Balkanstaaten und nach Amerika zu festigen und zu erweitern. So wurde der in der Theater- und Musik-Aus­stellung in Wien exponirte «Metternich-Salon» nach Amerika verkauft, wo er als mustergiltig durch viele Jahre Nachahmung fand.

Bald aber zwangen ehrenvolle Aufträge Sândor Jâray, die ganze Aufmerksamkeit auf den Wiener Platz zu concentriren. Es galt, die berühmten Säle des k. u. k. Finanzministeriums zu restauriren, der Umbau und die Adaptirungsarbeiten des Carl- und Josefstädter Theaters boten reiche Beschäftigung; daran reihte sich die Neu­ausstattung der k. k. Hofoper. In letzter Zeit nahm die vollständige Einrichtung der zwei Ceremoniensäle im neuen Tracte der k. k. Hofburg die Thätigkeit des Ateliers Sândor Jâray vollauf in Anspruch. Zur besonderen Ehre gereicht es dem Atelier, dass Se. Majestät der Kaiser eine auf der Jubiläums-Gewerbeausstellung 1880 exponirte Kapellen­einrichtung, Altar und zwei Betstühle, persönlich ankaufte, die später in Mayerling zur Aufstellung kam.

Es würde zu weit führen, auch nur die bedeutenderen der zahlreichen Privatarbeiten Sândor Järays anzu­führen; es sei nur erwähnt, dass derselbe in seinem Etablissement, V., Griesgasse 12, sämmtliche zur Wohnungs­einrichtung gehörige Gegenstände zur Ausführung bringt. Nach eigenen Entwürfen werden die vielfältigen Objecte je nach ihrer Art von Tischlern, Bildhauern, Tapezierern, Modelleuren, Ciseleuren, Malern und Vergoldern in den Ateliers verfertigt.

Die reiche Zahl von Auszeichnungen, die Sândor Jâray im Verlaufe seiner Wirksamkeit zutheil wurden, würdigen seine Leistungen auf dem Gebiete der Kunst-Industrie. Hier sei in erster Reihe die dreimalige Be­kanntgabe der Allerhöchsten Anerkennung vonseiten Sr. Majestät des Kaisers, die Verleihung des Ritterkreuzes des Franz Josef-Ordens, sowie die Zuerkennung des k. u. k. Hoftitels und ferner des Kammertitels vonseiten Sr. kai­serlichen Hoheit des Herrn Erzherzog Otto erwähnt. Diesen Allerhöchsten Beweisen der Zufriedenheit schliessen sich höchste Preise und Diplome auf allen beschickten Ausstellungen an.

Ausser als Industrieller hat Sândor Jâray auch in seiner Eigenschaft als Mitglied verschiedener Fach­vereine zur Förderung des heimischen Kunstgewerbes erfolgreich beigetragen.