Die zahlreichen Umwandlungen von Gerbereien in Lederfabriken und die Neuerrichtung von solchen hatten 1874 über Anregung des öfter erwähnten Ed. Janesch in Klagenfurt die Etablirung einer Fabrik durch H. R. Gläser in Wien zur Folge, welche die Construction und Herstellung von Gerbereimaschinen als Specialität betreibt und sich bald als solche den ersten Rang am europäischen Continent eroberte.

Der Druck, welchen die englische und amerikanische Concurrenz in ordinären Sohlledern und die französische und deutsche Concurrenz in feinen Sohlledern, Riemen- und Blankleder auf die heimische Fabrication schwerer Ledersorten übten, lastete bis 1880 auf letzterer. Im genannten Jahre erfolgte die Revision der Zollpositionen, bei welcher Sohl-, Riemen- und Blankleder in eine höhere Zoll- classe, nämlich in jene von feinem Leder, gesetzt wurde, durch welche Zollerhöhung die Einfuhr von ordinärem Sohlleder grossentheils unterdrückt und jene von feineren derartigen Ledern erschwert wurde. Die heimische Sohllederfabrication, welche durch die fremden Importleder sehr hart mitgenommen wurde, erholte sich nach Verschwinden derselben vom Markte sichtlich. DieTerzenfabrication, die zwar an ihrem Gerb- principe im allgemeinen nichts änderte, wurde nunmehr in einigen Etablissements durch eine rationellere Durchführung dieses Principes, weiters durch eine gefälligere Appretur, welche man jener der importirten englischen Leder abnahm, verbessert, so dass manche Fabriken zu renommirten Marken gelangten. Hier wären zu nennen Jos. Salzer in Wien, welcher als erster seine Terzen walzte, dann die Brünner Firmen Wilhelm Grünfeld, A. Lasseker, H. Bloch und A. Flesch, weiters die Firmen F. Rieckh in Graz und Joh. Janesch in Laibach. Ein neuer Sohllederartikel, dessen Erzeugung in den Achtzigerjahren als Folge der früheren englischen Importe in Aufnahme kam, war das Abfalleder, welches seit 1866 in grossen Mengen importirt wurde und nun aus gesalzenem Rohabfall und dann aus der Haut der Büffel und auch aus-Zahmhäuten gegerbt wurde. An dieser Stelle sind die Firmen Jacob Gerlach & Söhne in Wien und A. Flesch in Brünn, welche sich zuerst mit diesem Artikel befassten, namhaft zu machen. Eine weitere Folge der Zollerhöhung auf Sohlleder ist der grosse Aufschwung, welchen die Vacheleder­gerberei für feines Schuhwerk nahm und die sich dabei zumeist combinirter Gerbsysteme bediente. Bekannt wurden hierin bald die Fabrikate von Jos. Poeschls Söhne in Rohrbach, Gebrüder Adler in Wels, Plobergers Witwe in Wels, Philipp Knoch in Klagenfurt, welchen sich später noch eine Reihe anderer Firmen würdig zur Seite stellten. Die 1879 eingeführte Büffellederfabrication nahm von 1880 bis 1890 grosse Dimensionen an und fand neben der Firma Gerhardus, Flesch & Comp, als Begründerin, weiters in den Firmen W. Grünfeld, A. Flesch, A. Kätscher in Brünn, Fratelli Acquaroli in Sagrado, J. Bergmann in Neubidschow, B. Weiss in Perchtoldsdorf bei Wien, S. & J. Flesch in Wilhelmsburg die beste Vertretung. Mit Beginn der Neunzigerjahre sank aber die Büffellederfabrication stark, nachdem sie ihren Höhepunkt 1888 erreicht hatte, und sind es nur mehr einige Firmen, welche diesen Artikel weiter pflegten; unter diesen sind gegenwärtig hierin am renom mirtesten W. Grünfeld in Brünn, S. & J. Flesch in Wilhelmsburg und Acquaroli in Sagrado.

Rapidgerbung. In den letzten Jahren wurde in österreichischen Gerbereien auch das Rapid­gerbsystem eingeführt, vermittelst welchem vacheartige Sohlleder, Riemen- und Blankleder, auch Oberleder in viel kürzerer Zeit als früher, dabei in sehr guten Qualitäten hergestellt werden können. Dieses Gerb­system ermöglicht es intelligenten, wenn auch capitalschwächeren Gerbern, mit der Gross-Industrie in Wettbewerb zu treten.

Die Fabrication von Maschinriemenleder gelangte erst in dieser Periode zu der ihr gebührenden Bedeutung, und sie begann nach und nach die bisher importirten fremdländischen Fabrikate zu verdrängen. Der veränderten Zollverhältnisse wegen wanderte die Firma Philipp Knoch aus der Schweiz nach Klagen­furt und die Firma Kraft aus Deutschland nach Bregenz ein und etablirten dort ihre Fabrication in allen Arten von Treibriemenleder (Crownleder, Schlagriemenleder etc.), wodurch die heimische Lederfabrication manche Anregung zu technischer Verbesserung erhielt; dies zunächst in den Alpenländern, wo man in dem dort fallenden schweren Hautmaterial einen günstigen Factor für diese Ledergattung ausnützte. Die bereits bestandenen Treibriemenlederfabriken, wie von Neuner in Klagenfurt, Poeschl in Rohrbach, Gebrüder Steiner in Graz und noch andere, konnten ihre Betriebe hierin bedeutend vergrössern. Trotz­dem wurde noch sehr viel Riemenleder aus Terzensohlleder zugerichtet, was übrigens das Renommée der inländischen Treibriemen nicht hob. Besser eigneten sich hiefür die böhmischen Fichtenleder, welche

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