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DIE LEDER-GALANTERIEWAAREN-FABRICATION.

VON K. U. K. HOFLIEFERANTEN JOSEF WEIDMAN.

ährend sich die handwerksmässige Erzeugung der meisten Güter, die zur Befriedigung unserer täglichen Bedürfnisse dienen, an der Hand der Technik zur allmächtigen Gross- Industrie entwickelte, vollzog sich unter dem Einflüsse der Kunst auf jenen Gebieten der Arbeit, welche dem Luxus gewidmet sind, eine Renaissance des Kunstgewerbes, die sich speciell in der Verarbeitung des Leders zu ungekannter Blüthe entfaltete und, begünstigt durch die Zeit­umstände, zu einer wenn auch in beschränktem Maasse entwickelten Industrie auf diesem Felde führte.

Die Buchbinderei, die Mutter der Ledergalanteriewaaren-Fabrication, war im 16. und 17. Jahr­hundert ein Werkzeug der edelsten Kunst zur einfachen Zweckmässigkeit herabgesunken, diente nur dem localen Bedarfe und wurde von einer Anzahl kleiner Meister ausgeübt, die sich auch mit der Her­stellung einschlägiger Artikel, wie: Portefeuilles, Etuis und der im Jahre 1847 von dem Buchbinder­gehilfen Carl Heue erfundenen Portemonnaies befasste.

Mit unwesentlichen, für die Entstehung einer Ledergalanteriewaaren-Industrie bedeutungslosen Aus­nahmen hatte dieser Zustand bis zum Anfänge der Sechzigerjahre Geltung. Um diese Zeit nun begannen schüchterne, anfänglich unbeholfene Versuche, auch die Verarbeitung des Leders in den Dienst der Kunst zu stellen, und als Girardet unter der Leitung des geistreichen Architekten van der Nüll seine für die damalige Epoche einzig dastehenden Arbeiten schuf, war der Keim für eine Wiener Specialität gelegt, die Jahrzehnte lang eine unbestrittene Domäne unserer Metropole blieb und auch heute noch die Quelle bildet, aus der die ausländische, speciell die in den letzten zehn Jahren mächtig herangewachsene Concurrenz des Deutschen Reiches ihre Nahrung zieht.

Dem verstorbenen August Klein gebührt das Verdienst, die Wiener Ledergalanteriewaaren-Industrie und ihren Weltruf gegründet zu haben. Er war der Erste, welcher die Herstellung seiner Producte in einer über das Kleingewerbliche hinausgehenden Art zu betreiben begann und der sich den Absatz für seine Fabrikate auf dem grossen Weltmärkte zu verschaffen wusste.

Begünstigt durch die auf allen Gebieten der Production sich geltend machende Conjunctur der Jahre 1867 bis 1873, entwickelte sich der junge Industriezweig rasch zu einem so lebensvollen kräftigen Stamme, dass er von den Stürmen, welche die wirthschaftliche Katastrophe des Jahres 1873 entfesselte, nur wenig zu leiden hatte. Der ganze europäische Continent, Grossbritannien und Irland und vornehmlich die Ver­einigten Staaten von Nordamerika bildeten ein aufnahmsfähiges Absatzgebiet für die in Form und Aus­stattung ununterbrochen wechselnden, dem Publicum stets neue Ueberraschungen bietenden Wiener

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