Nouveautés, deren Herstellung- zwar bis auf den heutigen Tag eine Manufactur im strengen Sinne des Wortes geblieben ist und der Natur der Sache nach auch bleiben wird, die jedoch in einzelnen Betrieben durch die Menge der dabei beschäftigten Arbeiter den Charakter einer Gross-Industrie angenommen hat.

Diese aufsteigende Bewegung währte nahezu bis zum Ende des vierten Jahrzehnts der vor uns liegenden Epoche. Von da an senkt sich die Curve einigermaassen.

Ein Blick auf die grosse wirthschaftliche Revolution, welche uns die zweite Hälfte dieses Jahr­hunderts brachte, und auf den ihr nothwendigerweise folgenden Rückschlag, in dem wir leben, zeigt sowohl die Ursachen des Aufschwunges der Ledergalanteriewaaren-Industrie als auch diejenigen ihrer Stagnation.

Ehe die grossen Erfindungen der Neuzeit zu einer fieberhaften Massenproduction dauernder und rentabler Werthe : der Eisenbahnen, Canäle, Telegraphen, Bergwerke und industriellen Etablissements führten, hat die Welt eine so plötzliche ungeheure Vermehrung des internationalen Reichthums nie ge­sehen. Der Besitzstand von Millionen Menschen vermehrte sich in einer verhältnismässig kurzen Spanne Zeit um unzählige Milliarden. Das mobile Capital begann in nie gekannter Weise zu fluctuiren, und wie das Wasser aus geöffneten Schleusen in die leeren Canäle dringt, so ergossen sich Verdienst und Gewinn, Wohlstand und Reichthum in alle Schichten der Völker und drangen bis in die äussersten Adern des socialen Organismus.

Dieser durch das Zusammenwirken einer ganzen Reihe von Factoren bedingte, binnen wenigen Jahrzehnten hervorgerufene volkswirthschaftliche Aufschwung war es, dessen Intensität und Ausbreitung das Emporwachsen der Luxuswaarenfabrication ausserordentlich begünstigte. Die Zahl der Lederwaaren- erzeuger stieg in Wien von 107 auf 187.

Wie aber alles ein Ende nimmt, so war es auch mit dieser Conjunctur. Die Bahnen waren zum grossen Theile ausgebaut locale Netzvergrösserungen sind für die allgemeinen Verhältnisse ohne Ein­fluss die grossen Unternehmungen, die Spinnereien, Webereien, Zuckerfabriken, die Maschinen­werkstätten, Werften, Locomotivfabriken etc. etc., die wie Pilze aus der Erde geschossen waren, ver­trugen keine nennenswerthe Vermehrung mehr, sie genügten dem derzeitigen Bedarfe der Culturvölker mehr als zuviel. Die Massenerzeugung dauernder, productiver Werthe war vorläufig zu Ende. Der Besitz­stand der Nationen begann wieder zu erstarren, und die Fluctuation des Tauschmittels trat in ihr nor­males Tempo zurück. Das neugeschaffene mobile Capital, dem durch diese veränderten Verhältnisse die Gelegenheit genommen war, sich mit hohem Gewinne dem Unternehmerthume zu widmen, warf sich notheedruneen auf die festen Anla°;ewerthe, wodurch ein fortwährendes Zurückweichen des Zinsfusses der Papiere bewirkt wurde. Die überspannte, für die Verhältnisse der Evolution berechnete Erzeugung der Consumtionsgüter führte nunmehr in beiden Hemisphären zu einschneidenden, für die Luxusbranche natürlich in erster Linie fühlbaren Erschütterungen und Veränderungen, und namentlich Amerika wurde von einem Débâcle heimgesucht, dessen Wirkung geradezu verheerend war. Auch sonst traten allerorts Umstände auf, welche Wohlstand und Reichthum und die für den Consum der Luxuswaaren fast ebenso wichtige Stimmung der Völker in ungünstigster Weise beeinflussten.

Frankreich hat den Verlust von i3oo Millionen zu verwinden, die es das Panama-Unternehmen kostete. Italien wurde durch den Bankenkrach und durch seine afrikanische Excursion in einen finanziellen Zustand gebracht, der an Armuth grenzt. Spanien zählt schon seit einem Jahrzehnt überhaupt nicht mehr zu den Consumenten, und Oesterreich leidet unter den Folgen schlechter Ernte, unter seinen politischen Wirren und dem nationalen und confessionellen Hader, der es weder zur Arbeit noch zum Genüsse geernteter Früchte kommen lässt.

Die Zahl der Ledergalanteriewaaren-Erzeuger ist von ig3 auf 174 herabgesunken. Die Export­ziffern der Statistik für die Jahre 1895 bis 1897, welche mit diesen Ausführungen in einem anscheinend grellen Widerspruche stehen, beruhen auf einem Irrthume, der vom statistischen Amte selbst berichtigt werden dürfte.

Während solchergestalt die geschäftliche Prosperität der Ledergalanteriewaaren-Fabrication den Zeit­läufen entsprechend wechselte, schritt das Product selbst ununterbrochen zu höherer Entwicklung vorwärts.

Die zur Anreizung der Kauflust von- den Erzeugern angewendeten Mittel waren anfänglich ebenso bescheiden wie die Ansprüche der Käufer selbst. Eine neue Farbe des Leders, irgend ein neuer Ver-

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