Appreturmaschinen.

Die Firma hatte nach und nach den Schwer­punkt ihrer Erzeugung - auf Sohlenlederfabrikate gelegt und die Fabrication der Oberleder sehr beschränkt. Von der Erkenntnis ausgehend, dass man die Leistungs-

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fähigkeit auf das äusserste steigern könne, wenn man

sich nur mit einigen wenigen Artikeln befasse, diese aber tadellos herstelle, liess man die Erzeugung von Oberleder­fabrikaten ganz auf und beschränkte sich nun ausschliesslich auf die Sohlenlederproduction. In Oesterreich-Ungarn wurden damals nur Sohlenleder in ganzen Häuten, das heisst die Haut in der Form, wie sie vom Thiere kommt, mit Kopf und Flanken, in den Handel gebracht. Man musste daher auch die Haut in der Gerbung und Zurichtung als Ganzes behandeln, was mit Bezug auf Gerbung und Zurichtung der Leder nicht immer vortheilhaft war. In England behandelte man die thierische Haut schon seit langem in anderer Art, als es in den österreichischen Fabriken zu geschehen pflegte. Man liess dort dem Kern der Haut, dem sogenannten Croupon (Kernstück, welches man nach Abtrennung des Kopfes und der beiden Flankenstücke erhält) eine viel sorgfältigere Gerbung und Appretur zutheil werden als den von Natur aus minderwerthigen Abfällen (Kopf und Flanken). Warum sollte man dieses Verfahren bei uns nicht nachahmen? Die Chefs waren bald darin einig, dass in der Annahme desselben ein weiterer Fortschritt der Lederfabrication gelegen sei.

Es wurde nun alles Nothwendige im Fabriksbetriebe vorgekehrt, um nach der neuen Methode Weiterarbeiten zu können. Zur Appretur der Lederabfälle wurden neuerdings Maschinen bezogen, die sogleich in Betrieb kamen. Alsbald gelangten die neuen, gutgegerbten und nach englischer Methode zugerichteten Croupons in den Handel, erwarben sich im Kundenkreise hohe Beachtung und wurden reissend abgesetzt. Ebenso rasch fanden die schön- appretirten Lederabfälle Absatz, und die Fabrik konnte die vielen Bestellungen, die von allen Seiten der Monarchie einliefen, kaum bewältigen. Da bald nachher Leder ausländischer* Provenienz mit einem höheren Eingangszolle belegt und dadurch eine neue Blüthe der leistungsfähigen inländischen Leder-Industrie ermöglicht wurde, konnte nun auch die englische und amerikanische Concurrenz beinahe ganz aus dem Felde geschlagen werden.

Dass die Chefs der Firma nicht nur ein wachsames Auge auf die so oft nothwendigen Veränderungen im Fabriksbetriebe hatten, sondern auch für den Schutz der Arbeiter und des eigenen Gebäudes vorsorgten, soll nur beiläufig erwähnt av erden. Eine complete, gut einexercirte Fabriksfeuerwehr mit allen nothwendigen Feuer­löschvorrichtungen steht bereit, wenn das Etablissement von Feuer bedroht werden sollte. Anstatt der früher bestandenen Gasbeleuchtung wurde eine Dynamomaschine und eine Accumulatorenanlage in Function gesetzt, welche sämmtliche Räume mit elektrischem Licht versieht.

Im Jahre 1890 wurde das Haus durch das Hinscheiden des August Gerlach einer seiner Stützen beraubt, und leider forderte bald darauf, im Jahre 1894, der Tod ein weiteres Opfer, indem er den jüngsten der drei Chefs, Wilhelm, dessen Wirksamkeit mit dem Aufblühen des Unternehmens eng verknüpft war, von dem Felde der Arbeit hinwegfegte.

Nun steht der letzte von den drei Brüdern, Johann Jacob Gerlach, der seit Decennien die Leitung der Fabrik besorgte, am Steuer und ihm zur Seite dessen Sohn Jacob Gerlach jun. Johann Jacob Gerlach wurde in Anerkennung seiner Verdienste im Jahre 1880 handelsgerichtlicher Schatzmeister, und 1889 wurde ihm die Ehre zu­theil, als k. k. Commerzialrath in die k. k. Permanenzcommission für die Handelswerthe berufen zu werden.

Diese kurze Darstellung der Entwicklung eines österreichischen Lederfabriksunternehmens soll Zeugnis davon geben, dass die heimische Leder-Industrie, wie in diesem einzelnen Falle, so auch in ihrer Gesammtheit stets dem technischen Fortschritte gefolgt ist, dass aber, wenn auch vieles bisher schon geleistet wurde, der Zukunft noch viel Arbeit Vorbehalten bleibt.

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