neues beschleunigtes Gerbesystem eingeführt. Im Jahre 1897 wurde auch dieses verbessert und zu dem Zwecke grosse Extractionsbatterien aufgestellt. Seit Mitte der Siebzigerjahre fand keine bauliche Vergrösserung mehr statt. Bei den ungünstigen Marktverhältnissen der letzten zwei Decennien und infolge der Ueberproduction des Auslandes, welches den österreichischen Markt mit Leder überschwemmt, machte sich kein Bedürfnis nach Vergrösserung des Betriebes geltend. So blieb die Production stationär und wurde auch zeitweise reducirt. Die Fabrik beschäftigt gegenwärtig 250 Arbeiter und verarbeitet jährlich: 70.00075.000 Stück Kalbfelle, 15.00020.000 Stück Mastkalb­felle und 20.00025.000 Rindshäute.

Hieraus werden folgende Artikel erzeugt: Braune und schwarz gewichste, schwarzglatte und genarbte, sati- nirte, chagrinirte und farbige Kalbfelle; braune und farbige Mastfelle (Pittlinge), braune und schwarze Schuh- und Riemenhäute, Blankleder, Vacheleder und Maschinriemenleder.

Die Hauptniederlage, beziehungsweise Verkaufsstelle in Wien befindet sich III., Obere Weissgärberstrasse Nr. 5. Das Absatzgebiet ist die österreichisch-ungarische Monarchie, und ein kleiner Theil geht nach überseeischen Ländern. Vor Einführung des amerikanischen Schutzzolles von 25°/ 0 des Werthes auf Leder hatte die Firma einen lebhaften Absatz von schwarz gewichsten Kalbfellen in die Vereinigten Staaten. Dieser Export ist heute unmöglich, denn drüben steht der Werthzoll auf 100150 fl. per 100 kg, während Amerika seine Felle jetzt nach Oesterreich impor- tirt, wo sie mit nur 9, respective 18 fl. Zoll eingeführt werden können.

Ausser diesem Absatzgebiete verlor die Firma auch in demselben Artikel jenes von Japan, mit welchem Lande sie sehr rege Verbindungen unterhalten hatte. Die Ursache hierfür lag darin, dass sie mangels directer See­verbindung genöthigt war, sich deutscher Exporteure zur Vermittlung des Geschäftes zu bedienen, welche jedoch mehr Interesse daran hatten, deutsche Fabrikanten dort einzuführen.

Um diesen Ausfall zu ersetzen, wurden neue Artikel, und zwar farbige Kalbfelle, zu erzeugen begonnen, welche im Inland guten Absatz fanden, jedoch einen schweren Concurrenzkampf mit deutschen und amerikanischen Provenienzen zu bestehen haben.

Die Kalbfell-Industrie in Oesterreich wird vom Auslande geradezu erdrückt und bedarf dringend eines Zoll­schutzes. Hoffentlich findet sie denselben nach Ablauf der bestehenden Zollverträge.

Franz Schmitt bewährte sich in allen Kriegsepochen, welche die Monarchie seit fünfzig Jahren durchzumachen hatte, als einer der leistungsfähigsten und pflichtgetreuesten Lieferanten für das Aerar, indem er selbst in den schwie­rigsten Situationen grosse Lieferungen übernahm und stets pünktlich und musterhaft durchführte. Er wurde daher auch 1874 vom k. und k. Kriegsministerium zur Bildung eines Consortiums für Leder-Rüstungssorten herangezogen.

Die Firma gehörte bis 1891 der österreichisch-ungarischen Lederindustrie-Gesellschaft für Heeresausrüstung von Schmitt & Consorten an.

In Anerkennung seiner Verdienste wurde Franz Schmitt vom Kaiser der Franz Joseph-Orden und das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. Bei den Weltausstellungen in London, Paris, Philadelphia wurde die Firma mit den ersten Medaillen prämiirt und erhielt 1873 das Ehrendiplom der Wiener Weltausstellung.

Zur Fabrik gehören 20 ha Wald und Felder, welche grösstentheils sehr billig an die Arbeiter verpachtet sind, damit sich dieselben ihre Hackfrucht selbst bauen können. Zwei Drittel der Arbeiter sind in sehr wohlfeilen gesunden Wohnungen untergebracht. Schon vor 36 Jahren errichtete Franz Schmitt für seine Arbeiter eine Kran- kencasse, welche zehn Jahre später mit einer Pensionscasse verbunden wurde. Nach Einführung der obligatorischen Krankencassen musste der Pensionsverein getrennt geführt werden. Es hätten nun auch vonseiten der Arbeiter grössere Beiträge geleistet werden müssen, um den Verein activ zu erhalten. Nachdem dies nicht durchgesetzt werden konnte, wurde derselbe aufgelöst, jedoch werden die Unterstützungen an invalide Arbeiter von den Firma­inhabern freiwillig noch fortgesetzt. Zur Zeit geniessen 14 Pensionäre und 19 Witwen solche freiwillige Unterstützung.

Unter den activen Arbeitern befinden sich 38 Mann, welche eine Dienstzeit von 2545 Jahren, und 66 Mann, welche eine Dienstzeit von 1525 Jahren im Hause nachweisen können.

Es mag dies einerseits als Beweis dafür dienen, dass die hiesige Arbeiterschaft einen soliden, stetigen Cha­rakter besitzt, andererseits, dass bei humaner, gerechter Behandlung sich das Gefühl enger Zusammengehörigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitern entwickelt hat, wie es eben überall sein sollte. Trotz wiederholter agitato­rischer Einflüsse von aussen ist es bisher nie gelungen, das Band der Interessengemeinschaft zwischen beiden Theilen zu lockern.

Zu erwähnen ist noch, dass die Gebrüder Schmitt die Ersten waren, welche in Oesterreich-Ungarn die Eichenschälwirthschaft zu Ende der Vierzigerjahre einführten und damit sowohl der Leder-Industrie als auch der Forstwirthschaft einen grossen Dienst erwiesen haben.