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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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abgeschöpft, geknetet, gepresst und endlich getrocknet wird. Besondere Aufmerksamkeit wird bei dem Gewinnungsprocesse in Brasilien angewendet, was zu der Vorzüglichkeit des dort gewonnenen Kautschuks wesentlich beiträgt.

Leider wird auch bei dieser menschlichen Thätigkeit mit mancherlei List vorgegangen, und es lässt sich eine qualitative Abnahme aller Kautschuksorten schon seit geraumer Zeit constatiren.

Eine allgemeine, grosse Bedeutung hat dieses Rohproduct, wie die meisten anderen, erst von dem Zeitpunkte an gewonnen, wo es in Europa zur fabriksmässigen Verarbeitung herangezogen wurde, nachdem man seine unglaublich vielseitige Verwendbarkeit erkannt hatte. Um einen Begriff von dem Aufschwünge dieses Artikels zu geben, wollen wir bemerken, dass im Jahre 1857 1,600.000 kg, 1867 4,äoo.ooo Ag, 1877 7,670.000 kg, 1887 über i 3 ,000.000 kg aus Para in Brasilien ausgeführt wurden, und dass der Preis von etwas über 1 Shilling per englisches Pfund in denselben 3 o Jahren auf durch­schnittlich 3 Shilling für diese Gummisorte gestiegen ist. Die Gesammt-Kautschukproduction der Erde wurde für das Jahr 1882 mit 19,550.000 kg ermittelt, wovon die Elälfte auf Brasilien allein entfällt, und repräsentirte dieses Quantum damals einen Werth von circa 50,000.000 fl., in österreichische Währung umgerechnet. Heute dürfte diese Menge fast verdoppelt sein und der Werth wahrscheinlich mehr als das Doppelte betragen, indem die Preise des Kautschuks im allgemeinen eine steigende Tendenz verfolgen.

Während, wie bereits oben gesagt, die Wasserundurchlässigkeit des Gummi schon von uncivili- sirten Völkern gekannt war, wurde man auf seine anderweitigen Eigenschaften erst zu Beginn dieses Jahrhunderts in Europa aufmerksam. Im Jahre 1820 wurde die erste Fabrik zur Verwerthung dieses Rohstoffes in England von Hancock gegründet. Dagegen war es dem Oesterreicher Joh. Nep. Reit­hoffe r Vorbehalten, diese Industrie auf dem europäischen Continente einzuführen. Es wird erzählt wir können für die Richtigkeit dieser Geschichte nicht einstehen dass Reithoffer zu Ende der Zwanzigerjahre, während einer Arbeitspause an seinem Tische sitzend, mit einem Stückchen Gummi, wie es damals schon zum Wegwischen von Bleistiftstrichen verwendet wurde, spielte, dasselbe in Streifen zerschnitt und hierbei auf die ausserordentliche Elasticität des Gummi und dessen Verwendbarkeit zunächst für Miedereinsätze aufmerksam wurde. In dieser Richtung nahm er auch ungesäumt die indu­strielle Verwerthung des Gummi in die Hand und schuf zunächst eine Gummielastiquesfabrik, welche die erste zur Verarbeitung des Kautschuks auf dem Festlande war. Hiervon ausgehend, ver- grösserte er sein Etablissement successive durch fortgesetzte Einbeziehung neuer Artikel in den Bereich seiner Erzeugungsthätigkeit, indem er sowohl die inzwischen in Amerika fabriksmässig hergestellten Gummischuhe, als auch Regenmäntel, welche Charles Macintosh als Erster zu erzeugen begonnen hatte, endlich die technischen und chirurgischen Gummiwaaren in seinem österreichischen Etablissement fabricirte.

Eine derartige riesenhafte Ausdehnung der Zwecke, welchen Gummi dienen sollte, war allerdings erst möglich geworden, nachdem der Amerikaner Goodyear im Jahre i 83 g die merkwürdige Beob­achtung praktisch verwerthet hatte, dass Kautschuk bei erhöhter Temperatur mit Schwefel eine eigen- thümliche Verbindung eingeht, welche dem ersteren eine wesentlich andere Beschaffenheit verleiht. Während nämlich der Rohgummi die Eigenschaften der Elasticität nur im beschränkten Maasse besitzt und im Gebrauche aus seiner ihm zum Zwecke bestimmter Verwendung gegebenen Form gebracht wird, fand man, dass nach der Vulcanisirung desselben dies ist der Name des Processes, den Kautschuk mit Schwefel bei einer Temperatur von ca. i 3 o° C. durchmacht eine Elasticität geschaffen wird, welche jede noch so gewaltsame Inanspruchnahme des Gummigegenstandes gestattet, ohne zu Defor­mationen desselben zu führen. Diese gesteigerte Zähigkeit und Elasticität bleibt bei Temperaturen von 20 bis + 120 0 C. aufrecht. Ebenso wird der vulcanisirte Kautschuk gegen Lösungsmittel und Reagentien viel widerstandsfähiger als der rohe. Erst damit war dem Gummi ein Terrain gewonnen, wie es wohl in Bezug auf Quantität mancher, in Bezug auf Vielseitigkeit jedoch kein anderer Artikel besitzt. Es würde zu weit führen und kaum in den Rahmen dieses Aufsatzes passen, wenn wir alle Phasen, welche die Fabrication aus Gummi bis zu ihrer heutigen Höhe durchgemacht hat, des näheren besprechen wollten. Der Hinweis darauf, dass heutzutage die Errichtung und Führung einer Gummi-

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