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Ins innerste Afrika : Bericht über den Verlauf der deutschen wissenschaftlichen Zentral-Afrika-Expedition 1907 - 1908 / von Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg
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portes eine lange Kette von Leuten durch den Fluß gebildet, und von Hand zu Hand fliegend erreichten die Tiere und alle Lasten glücklich das andere Ufer. Verpflegungsvorräte waren überreichlich vorhanden und nicht ohne Sorge sahen wir aus die ständig wachsende Zahl des lebenden Viehs. So gewahrten wir mit Schrecken kurz nach unserer Ankunft eine neue ver- pslegungskarawane mit abermals zirka 30 Ziegen herannahen, welche wiederum dem Hauptdepot einverleibt werden mußten, lver beschreibt aber unser Entsetzen, als eine dritte Karawane die Berghänge herniederkletterte, welche wieder 30 Ziegen brachte und wiederum eine empfindliche Lücke in den Bestand der Tauschartikel riß. Aller Protest gegen die Annähme wurde mit den ruhigen Worten zurückgewiesen:Amri pa Msinga Befehl des Msinga."

Je mehr wir uns der Residenz des Sultans näherten, desto größer wurde die Zahl der der Expedition voranmarschierenden Watussi. Wir wurden gewahr, daß sich der Sultan zu einem großen Empfange vor­bereitete. Sn allen Dörfern fehlten die Watuales, und auf die Frage nach ihrem Aufenthalt nannte man Uianfa. Verpflegungskarawanen und Kleinviehherden, von Watussi geführt, die man überall das Land durch­streifen sah, hatten dasselbe Ziel. Der Sultan schien also alle Großen seines Reiches in seine Residenz berufen zu haben, viele näherten sich uns und setzten sich an die Spitze unserer Karawane. Wenn sie sich dort trafen, so begrüßten sie sich, indem einer den Arm leicht um die Taille des anderen legte oder den Ellbogen des Bekannten erfaßte, was dieser er­widerte. In dieser Stellung pflegten sie dann einige Augenblicke zu ver­harren:Amasho", grüßte der eine,ich wünsche dir Vieh";amasho ngurre",ich wünsche dir weibliches", antwortete der Angeredete. So wuchs begreiflicherweise die Spannung in unserer Karawane mit jedem Tage, jeder versprach sich höchst merkwürdige Erlebnisse und wünschte den Augen­blick herbei, den Mann von Angesicht zu sehen, dessen Name jeder in Ruanda kennt, dessen Wort Evangelium bedeutet, außer dessen Willen es keinen anderen im weiten Reiche Ruanda gibt.

Endlich näherten wir uns der hochgelegenen Residenz. Hunderte von Watussi schritten uns vorauf, die ohnehin stattliche Karawane noch ver­größernd. Einige vornehme waren von einer Anzahl Träger begleitet, die die Kleidung und Lebensbedürfnisse desHerrn" in großen Körben aus dem Kopse trugen. Andere führten gar eine Kuh mit, damit ihnen die tägliche frische Milch nicht fehle.