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frierend um ein mühsam schmälendes Feuer, bis uns das verabredete Zeichen erlöste. Nach einem Marsch von einer weiteren halben Stunde waren wir am ersehnten Ziel.
Weidemann kampierte hier seit zwei Tagen aus einer Waldwiese und hatte schon die Vorsicht geübt, eine schützende BandaH aus Bambus zu errichten, die uns noch sehr zu statten kommen sollte, denn das Thermometer zeigte selbst während der wärmsten Stunden des Tages in der Folgezeit niemals über l3° Telsius, um des Nachts auf 1 ° oder gar bis zum Gefrierpunkt zu sinken. Dazu pfiff ständig ein schneidender Wind durch den Taleinschnitt, der bis aufs Mark drang und eines Nachts Wiejes Zelt sogar von dannen fegte. Wir befanden uns in 2600 m Höhe und die am frühen Morgen weiß bereiften Wiesen waren dazu angetan, die Vision einer deutschen Herbstlandschaft heraufzubeschwören. Bei der Abendmahlzeit erschienen wir mit dicken Manteln und hochgeschlagenen Kragen und machten bei dem dampfenden Glase Grog eher den Eindruck einer Polarexpedition als den einer afrikanischen Reisegesellschaft.
Die Ausgabe, die uns neben anderen zoologischen Untersuchungen hier am meisten fesselte, war die Feststellung und womögliche Erlegung eines Anthropomorphen. Denn aus dem Riwu-Gebiet war bisher erst ein einziges Exemplar von Menschenaffen bekannt geworden, das im Fahr 1903 von Hauptmann von Beringe hier am Sabinjo erlegt wurde und im zoologischen Museum zu Berlin als Gorilla bestimmt worden ist. Daß also die Erlegung weiterer Exemplare zur Lösung der Frage, ob noch andere Gattungen des anthropomorphen Affen hier vorkommen, von hoher wissenschaftlicher Bedeutung war, liegt auf der Hand.
Die Wälder bestehen hier vorwiegend aus Bambus, der bis in Höhen von etwa 3400 m hinaufreicht. Die Bestände sind indes nicht so rein wie z. B. am Karissimbi; sie werden auf dem Sattel von Lichtungen unterbrochen, an deren Rande Holzgewächse stehen, und an den Flanken des Sabinjo von radialen „Schluchtenwaldstreifen" durchzogen, die sich in den tiefen, barrancoartigen Einrissen des Vulkans entwickelt haben. Schon aus der Ferne sieht man diese Streifen von Baumwuchs, Galleriewäldern der Steppe vergleichbar, von dem Graugrün des Bambus sich abheben. Die mit Laubwald bestandenen Schluchten sind die Schlupfwinkel, in denen
0 Land« — Überdachung.