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Steile des früheren Monopols der Mittelmeer-Länder allmählich die Coneurrenz der atlantischen Seestaaten trat, so muss doch vom höheren praktischen Standpuncte ans betrachtet, dieser neu aufgefundene Seeweg als eine fehlerhafte Verbindung betrachtet werden. Denn derselbe gibt den Handel mit den Ländern des Ostens den Stürmen des Oceans Preis, er verlängert die Fahrt auf das Doppelte der geraden Entfernung, erschwert die Dampfschifffahrts-Verbindung und steht der Einleitung einer regelmässigen und beschleunigten Verbindung, der Hauptbedingung eines blühenden Verkehrs, feindlich entgegen. Durch den Canal von Suez corrigirt die Wissenschaft diesen Fehler der von ihr ausgegangen, und führt die gesammte Strömung des Verkehrs mit dem Osten wieder in das ursprüngliche Bett zurück, mit dem Unterschiede jedoch, dass dieses Bett, früher nur zum Transporte kostbarer wenig in das Gewicht fallender Waaren benützt, nunmehr zum Massen-Transporte, wie ihn der jetzige Verkehr fordert, hergerichtet werden soll.
Um ein gründliches Urtheil über das grossartige Unternehmen der Verbindung des Mittehneeres mit dem rothen Meere vermittelst der Durchstechung der Landenge von Suez zu gewinnen, muss die technische Ausführbarkeit der Anlage des Canals, die zu erwartende Bentabilität desselben und die voraussichtliche Bückwirkung desselben auf die Entwickelung des Verkehrs der Erörterung unterzogen werden. Insbesondere aber hängt die praktische Bedeutung des Pro- jectes von einer glücklichen Lösung der technischen Frage ab.
Die so naheliegende Idee der Verbindung der beiden Meere beschäftigte fast alle Herrschergeschlechter die über Ägypten geboten. Die ersten Spuren reichen bis in das 19. Jahrhundert v.Chr. zurück; Bamses II. (Sesostris) *) unternahm im 14. Jahrhundert v. Chr. den Bau einer Wasserstrasse aus dem Nil durch das Land Gosen oder Wadi Tumilat, bei welchem die Israeliten Frohnden verrichteten, und König Necho II. begann gegen das Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr. die Ausführung eines Canals vom Nil zum rothen Meere, von welchem
1 ) Diiss an dem Namen Sesostris bei den Griechen auch Thaten und Bauwerke ge- gekniipft wurden, welche dem Vater des Ramses, Sethos, und selbst solche, welche dem viel älteren Könige Sesostris (III.) zugehören, hat die neuere Forschung überzeugend dargethan; doch wurde hier hauptsächlich Ramses wegen des Zusammenhangs seiner Baue mit der Anlegung der Stadt Ramses genannt.