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Schärfe der Unterfcheidung des Wefentlichen von dem Unwefentlichen. Die Maffe der Einzelheiten wird den weiblichen Geift eher bedrücken und erdrücken, als ihn anregen, das in den wechselnden Formen Gleichbleibende herauszufinden und zu entdecken. Es wird nie einen weiblichen Ariftoteles, Plinius, Linné, Büfifon, Cuvier etc. geben.
Man wird Sagen, das braucht es auch nicht für die Frau, welche Arzt werden will, ebenfo wenig als Neun und neunzig Hundertel der bisherigen und zukünftigen Aerzte Sich eingehender in diefer Weife mit Botanik, Zoologie, Mineralogie, Geognofie und Geologie beschäftigen. Allein ich behaupte, dafs Das, was der weiblichen Natur und dem weiblichen Geifte fehlt, Sich jemals und auch nur einmal unter Hunderten, in fchöpferifcher Weife den hiftorifchen Naturwiffenfchaften zu widmen, das fehlt ihm auch Schon in viel geringeren Graden der Anforderung, receptiv. Wenn der männliche Geift durch das Hören botanifcher, zoologifcher und mineralogischer Vorlefungen wenigftens gefchult wird für das richtige Verftändnifs und die richtige Auffaffung organifcher Erfcheinungen, wie fie die Aufgabe des ärztlichen Lebens bilden und bleiben, fo wird diefe Schulung bei dem weiblichen Geifte nicht gelingen; denn er befitzt keine Zugänglichkeit dafür, er bleibt an der Einzelheit des Objedles haften, die an dasfelbe Sich anknüpfenden allgemeinen F ragen und deren Anwendung auf andere Objecte werden ihn nicht berühren. So geht gerade der meiftens diredt unbewufste Einflufs des natur- hiftorifchen Studii für den zukünftigen Arzt, für das Weib verloren. Freilich weil er oft unbewufst ift, wird er von Vielen heut zu Tage auch für den Arzt nicht anerkannt und gewürdigt. Allein die Gefchichte der Medicin und gerade der pradtifchen Medicin, hat längft Anders entschieden, und fie wird auch für die Zukunft fortfahren, Anders zu entfcheiden. Die Beobachtung, d. h. nicht das einfache Wahrnehmen des Gegebenen, Sondern die fcharfe