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Unterfcheidung des Wefentlichen von dem Unwefentlichen, des Zufälligen von dem Gefetzlichen, des Gemeinfchaft- lichen von dem Befonderen an den wahrgenommenen Er- fcheinungen, worin die wefentlichfte Anforderung und die gröfste Leiftung des Arztes beruht, foll durch das Studium der hiftorifchen Naturwiffenfchaften geweckt und entwickelt werden. Aber die Befähigung zu folcher Beobachtung fehlt dem Weibe, welches zwar fchnell und im Einzelnen auch fcharf und richtig zu beobachten, aber nur flüchtig und ohne in den Zufammenhang der Erfcheinungen einzudringen, geartet ift.
Noch weniger aber entfpricht das Studium der Phyfik und Chemie der weiblichen Natur. Unzweifelhaft wird eine gebildete Frau vielfaches und hohes Intereffe haben und nehmen, an den wunderbaren Erfcheinungen der Wärme des Lichtes, der Electricität, des Magnetismus etc., welche uns die Phyfik, und an den merkwürdigen Wechfel- wirkungen der Stoffe aufeinander, welche uns die Chemie kennen lehrt. Allein fo wie es daran geht, die inneren Bedingungen und das Gefetzmäfsige diefer Erfcheinungen aufzufuchen und zu entwicklen, wird der weibliche Geift verfagen und erlahmen, es fehlt ihm dazu die nachhaltende Kraft und Energie. Der Arzt aber foll fleh gerade bei diefen fogenannten exacten Naturwiffenfchaften das Be- wufstfein und die unwiderrufliche Ueberzeugung erwerben, dafs auch in den Erfcheinungen der organifchen Natur und des menschlichen Lebens, überall Gefetz und Regel, nirgends Zufall und Willkühr wirkfam find, wenn wir gleich noch weit entfernt davon find, fle in diefen Erfcheinungen überall erkennen und nachweifen zu können. Die fchlimmfte Eigen- fchaft eines Arztes ift unzweifelhaft die, dafs und wenn er, weil er fo Vieles in dem Gebiete des gefunden und kranken Menfchenlebens nicht erklären, nicht auf feinen gefetzlichen Zufammenhang und Bedingungen zurückführen kann, Alles für möglich hält; denn hiedurch öffnet fleh dem un-