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rungen in den Verkehrsbestimmungen vor­zunehmen, Mittheilungen in nicht allgemein bekannten Sprachen zu machen, Zahlun­gen an die Nachbarverwaltungen zu ver­zögern u. s. f.

Dies fand insbesondere seitens jener Länder statt, welche sich keinem der be­stehenden Verträge angeschlossen hatten.

Dass durch diese und ähnliche Zu­stände nicht nur die Entwicklung des Te­legraphen-Verkehres gehemmt, sondern auch das Telegraphenwesen vertheuert, seine Funktionen verzögere und seine Ausbreitung verhindert wurde, ist selbst­verständlich. Es war die österreichische Telegraphen-Direktion, welche über An­regung und nach den Anträgen der mit den internationalen Agenden betrauten Direktions-Abtheilung bereits im Jahre 1862 den ersten Versuch machte, diese Uebelstände zu beseitigen, indem sie vor­erst hinsichtlich der einheitlichen Mitthei­lung der Stationseröffnungen, Tarife, Li­nienunterbrechungen, Verkehrsbestimmun­gen und anderer für den Dienst nothwen- digen Momente eine direkte Verstän­digung zwischen allen Telegra­ph en-Verwaltungen Europas in der Absicht anbahnte, um bei glücklichem Erfolge Anhaltspunkte zu weitern Vor­schlägen in dieser Richtung zu gewinnen.

Die angestrebte Verständigung ge- gelang vollständig, nachdem die durch die Tragweite des Antrages hervorgerufenen Bedenken der eigenen Regierung und das Widerstreben einiger Verwaltungen, bei der gegenseitigen schriftlichen Correspon- denz ausschliesslich die französische Spra­che anzuwenden, glücklich überwunden worden waren.

Nunmehr lag der Gedanke nahe, auch in den übrigen, eine vollkommene Ueber- einstimmung erheischenden Fragen auf ähnliche Weise ein allgemeines Einver- ständniss herbeizuführen.

Dieser Gedanke wurde nicht nur an­lässlich der oben erwähnten Verhandlung und zwar namentlich von der französi­schen und schweizerischen Verwaltung offen ausgesprochen, sondern seitens der Ersteren durch die Einberufung einer in­ternationalen Telegraphen-Conferenz auch sofort ausgeführt.

Das Ergebniss dieser Conferenz ist in dem internationalen Telegraphen-Ver­trage vom 17. Mai 1865 niedergelegt. Dieser Vertrag, der von allen europäischen Staaten angenommen wurde und in der Geschichte des Telegraphenwesens epo­chemachend bleiben wird, muss in den meisten Beziehungen durchaus befrie­digend und sachgemäss genannt werden, da er alle für die fernere Entwicklung der Telegraphie erforderlichen Bedingungen und Grundzüge enthält.

Wir können hier in eine Erörterung der mannigfachen, durch denselben gebo­tenen Vorth eile, wie z. B. Festsetzung eigener Linien für internationale Depe­schen , bedeutende Tarifermässigungen, Einführung des Einheitstarifes, Zulassung chiffrirter und rekommandirter Telegram­me u. s.f. zwar nicht eingehen, da wir ohne­hin Gelegenheit haben, dieselben später zu berühren; doch müssen wir bemerken, dass behufs Einführung weiterer Verbes­serungen in der Telegraphie im Art. 56 des Vertrages vorgeschrieben wurde, den­selben periodischen Revisionen zu unter­ziehen und die erste diessfällige Conferenz im Jahre 1868 in Wien abzuhalten.

In Folge dessen und nachdem der Zusammentritt der Wiener Conferenz zu­erst im Mai 1867 seitens der betreffenden Abtheilung der k. k. Telegraphen-Direk­tion, und später seitens der k. italienischen und k. französischen Verwaltung beantragt worden war, erliess die k. k. öster. Regie­rung im Februar 1868 die erforderlichen Einladungen an die contrahirenden Regie-

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