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Die Bewerberinen richten ihre mit den unterstützenden Documenten verse­henen Gesuche vor dem 1. Mai jeden Jahres an die Central Verwaltung. Sic werden dann aufgefordert, daselbst eine mündliche und schriftliche Prüfung ab­zulegen, welche am 1. Juli stattfindet und Einen Tag dauert. Diese Prüfung betrifft folgende Gegenstände:

1. Eine Probe ihrer Ortographie und Schrift;

2. einen Aufsatz in deutscher Sprache;

3. die Kenntniss des Rechnens mit Einschluss der Decimalbrüche, die Kennt­niss der Gewichte und Masse und des Werthes der Münzen;

4. die einfache kaufmännische Buch­führung;

3. die Elemente der politischen Geographie, endlich

6. vorbehaltlich einer Dispens, die Kenntniss der französischen und eng­lischen Sprache.

Nachdem sie diese Prüfung bestan­den haben, müssen die Bewerberinen, ohne Rücksicht auf den Theil des Dienstes, zu welchen sie berufen werden sollen, einen Kurs über praktische Telegraphie hören, der beiläufig 6 bis 8 Wochen dauert, und nach welchem sie auf den Vorschlag des Vorstandes der Station, welcher sie zugetheilt sind, von dem Telegrapheninspector geprüft werden.

Die Frauen, welche zum Dienste der Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Posten, und Telegraphen) zugelassen werden, sind denselben Verpflichtungen unter­worfen wie die Männer, insbesondere was die Cautionsleistung betrifft; sie werden in Eid genommen und zählen zum Personale der Verwaltung, aber sie haben weder die Verpflichtung, noch das Recht, an dem gegenseitigen Unter­stützungsvereine, welcher für Subaltern­beamte besteht, theilzunehmen.

Ihr Gehalt beträgt durchschnittlich zwei Drittel des Normalgehaltes der Dienststelle, welche sie bekleiden. Im Anfänge beträgt derselbe 48 kr. sdd. (1 Frcs. 72 cent.) und kann auf 1 fl. (2 Frcs. 13 cent.) steigen. Wenn sie persönlich mit einer Rechnungsführung betraut sind, so erhalten die Frauen täglich 1 fl. 12 kr. (2 Frcs. 57 cent.) Ausserdem beziehen sie die gleiche Pro­vision für die Depeschen, die den männ­lichen Beamten gezahlt wird. Die Ver­waltung behält die Frauen nur so lange, als ihre Dienstleistung zu keiner Klage Anlass gibt und ihre Aufführung tadel­los ist; sie behält sich das Recht vor, dieselben jederzeit zu entlassen. Die Frauen können wieder ihrerseits den Dienst aufgeben unter der Bedingung, dass sie der Verwaltung hievon einen Monat vorher Anzeige erstatten. Diese Demission ist obligatorisch, ausserordent­liche Umstände ausgenommen, sobald sie sich verheirathen. Die württember- gische Verwaltung constatirt, dass die Verwendung der Frauen bis nun zufrie­denstellende Resultate geliefert hat, und dass in den Stationen von geringer oder mittlerer Bedeutung ihre Arbeit vollkommen die der Männer ersetzt. Die hiedurch erzielte Ersparung ist übri­gens eine fühlbare, denn während die Männer für dieselben Dienste mindestens eine tägliche Entlohnung von 1 fl. 12 kr. (2 Fcs. 57 cent.) und höchstens einen Jahresgehalt von 700 fl. (bei 1500 Fcs.) beziehen, schwankt die Entlohnung der Frauen, wie wir oben gesagt haben, zwischen 1 Fcs. 75 cent. und 2 Fcs* 57 cent. täglich, d. h. sie erreicht in ihrem Maximum die Ziffer, welche das Minimum der Bezahlung des Mannes ausdrückt.

(Fortsetzung folgt.)