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Die Wiener Privat-Telegraphen- Anstalt.

(Fortsetzung.)

Die Apparate im Centralamte sind gruppenweiseund zwar derart eingeschal­tet, dass die von demselben auszweigen­den Leitungen beliebig unter einander verbunden werden können. Es sind im Centrale 22 Apparate aufgestellt und zu 11 derlei Gruppen verbunden. Jede der vom Centrale auszweigenden Leitungen hat ihre eigene Linienbatterie und nach Massgabe der Länge der Leitung 8 bis 16 Elemente, welche während der Dienststun­den constant Strom in die Leitung geben.

Durch diese Einschaltung ist nicht nur die directe Correspondenz der in den verschiedenen Linien eingeschalteten Sta­tionen thunlich geworden, sondern es ist auch den häufigen Regulirungen der Re­lais, welche bei Verwendung von gemein­schaftlichen Batterien in Folge der oft vor­kommenden Stromdifferenzen nöthig wer­den, vorgebeugt worden; auch wird da­durch der Dienst erleichtert, in den Zwischenstationen mehr sichergestellt und der durch das oftmalige Relaisreguliren entstehende Zeitverlust beseitiget, was bei lebhafter Correspondenz von wesentlichem Vortheil ist.

Wie sich der Verkehr in den ersten vier Monaten gestaltet hat, zeigt die bei­gefügte Tabelle B (Seite 22 und 23).

So weit unser Gewährsmann, an dessen Darstellung wir nunmehr jene Bemerkungen auknüpfen wollen, welche zur Beurtheilung des Werthes und der Zweckmässigkeit der Wiener Privat-Tele- graphen-Anstalt unbedingt nothwendig sind.

Die Initiative, wenn auch nicht der erste Gedanke, zur Errichtung eines Lo- caltelegraphen-Netzes für Wien ging von C. A. Mayrhofer, gewesenem Telegraphen­

beamten der Kaiserin Elisabethbahn aus, welchem im Jahre 1865 die Bewilligung zur Vornahme der vorbereitenden Massregeln, behufs Grü n dun g ein er AktiengesellschaftzurErrichtung des fraglichen Netzes ertheilt wurde-

Die alles erlaubte Mass übersteigen­den , später zur Sprache kommenden Ziffern des bezüglichen Voranschlages für Bau, Betrieb und Einnahmen veranlassten uns schon damals in Nr. 7 der Illustrirten Eisenbahnzeitung vom 1. April 1865 ge­wichtige Bedenken gegen die in Rede stehende Unternehmung zu erheben. Wir hatten in Folge dessen auch die Genug* thuung zu sehen, wie selbst die vorbe­reitenden Schritte zur Ausführung der Mayrhoferschen Idee sofort ins Stocken geriethen. Die ganze Angelegenheit war längst in Vergessenheit gerathen, als wir zu Anfang des Jahres 1869 aus den Zei­tungen in Erfahrung brachten, dass das Project Mayrhofers wieder auf die Tages­ordnung gesetzt worden sei.

Wir haben auch dieses Mal nicht ge­säumt, uns offen gegen dasselbe auszu­sprechen, indem wir an massgebender Stelle folgende Erwägungen zur Berück­sichtigung empfahlen, welche die Sach­lage klar genug kennzeichnen:

Die Nothwendigkeit einer telegra­phischen Verbindung der wichtigeren Stadttheile und Vororte Wiens unterein­ander kann füglich unerörtert bleiben. Das Beispiel der grösseren Residenzstädte Europas, der allgemeine Wunsch der Bevölkerung und die speziellen Interessen einzelner Theile der letzteren sind Fakto­ren, welche das Bedürfniss der fraglichen Einrichtungen unwiderlegbar konstatiren, ganz abgesehen davon, dass dieses Be­dürfniss von der hohen Staatsverwaltung durch die dem Mayerhofer ertheilte Con- zession ohnehin schon ausdrücklich aner­kannt wurde, und dass es für Oesterreich,