Die Concessionirung eines Privat- Telegraphen-Institutes für Wien und Um­gebung erscheint ferner als der erste Schritt zur Lockerung der so ab­solut nothwendigen Einheit des T e legraphenwesens.

Während sich überall das Bestreben zeigt, grosse Telegraphen-Sisteme zu schaffen; während namentlich der Norddeutsche Bund in gerechter Würdi­gung des Erfahrungsatzes, dass ein so rasch und so weit hin wirkendes Ver­kehrsmittel , wie der Telegraph, s o wenig als möglich decen tralisirt werden dürfe, die Leitung sämmtlicher Telegraphen - Linien Norddeutschlands übernommen und die englische Regierung in richtiger Erkenntniss eben desselben Prinzipes alle Privat-Telegra- p h e n-U nternehmungen Gross­britanniens und Irlands ange­kauft hat versucht man im Inlande, wo die Leitung des Telegraphen-W esens zum grossen, leicht nachweisbaren Schaden des Verkehres ohnehin bereits in drei Theile, d. i. für Cisleithanien, Transleithanien und die Militärgränze zer­rissen worden ist, durch Concessions- werbungen für Erwerbgesellschaften den diametral entgegengesetzten Grundsätzen Eingang zu verschaffen.

Wenn man sagt, dass der Staats­telegraph und die Privat-Telegrapben- Anstalt nichts miteinander gemein haben, und deren Leitung desshalb verschiedenen Händen anvertraut werden könne, so ist das nur insoferne richtig, als es sich um eigentliche Lokal - Depeschen handelt. Wiebald aber ein Telegramm vom Lokal- auf den Staatsdraht oder um­gekehrt übergeht, treten alle Nachtheile und Schwierigkeiten hervor, welche im Verkehre mit dem Auslande stattfinden, so: Verstümmlungen der Depeschen durch Uebertelegraphirungen, Verzögerung in

der Beförderung, Vertheuerung des'Tarifes und der Administration, Verwicklung des Abrechnungsgeschäftes, u. s. f.

Diese Uebelstände lassen sich nur einzig und allein durch die Centralisirung der Telegraphen-Angelegenheiten in den Händen der Staatsverwaltung vermeiden.

In Betreff des Tarifes ist insbeson­dere hervorzuheben, dass der Lokal-Tele­graf die Depeschen vertheuert, wenn für die über seinen Rayon hinaus be­stimmten oder von dorther kommenden Correspondenzen neben der Staatstele­graphengebühr noch eine Zuschlags­taxe erhoben wird, was noth wendi­ger Weise geschehen muss, wenn die Gesellschaft die Beförderung auf ihren Linien nicht umsonst besorgen will. Diess wäre jedoch nicht der Fall, wenn die Lokal-Stationen der Staatsverwaltung gehören würden, da dieselbe niemals einen Zuschlag berechnet. Würden hingegen die Depeschen von der Gesell­schaft in Folge Vereinbarung mit der Staatsverwaltung blos dem Staats- telegraphen-Tarife unterworfen wer­den, so wäre der Staat genöthigt, einen Theil seines Einkommens ohne allen Grund zu Gunsten der Privat- Unternehmung herzugeben und be­ziehungsweise zu verlieren.

Zu allen diesen gegen die Con­cessionirung und für die Herstel­lung eines Lokal - Telegraphen- Netzes durch die Staatsverwal­tung sprechenden Gründen kommt noch der Umstand, dass bei Concessionirung einer Telegraphen - Aktien - Gesellschaft das Depeschengeheimniss, dessen bessere Wahrung jahrelang als Grund angeführt wurde, wesshalb die Ueber- tragung des Telegraphendienstes an Post­meister und Gemeinden unstatthaft sei, Privatpersonen anvertraut werden müsste,