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Nachdem Frau Ha in is ch noch den Standpunkt des Bundes festgelegt hatte, wurde die Versammlung geschlossen. Wenn unser Publikum mitunter die Neigung hat, immer der Meinung der Re­ferentin zu sein, die es eben gehört hat, so war es besonders wertvoll und erziehlich in diesem Falle die vielumstrittene Frage von zwei verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet zu sehen, weil damit die Notwendigkeit verbunden war, sich eine eigene Meinung zu bilden. M. M.

Petition

an das k. k. Amt für Volksernährung.

Geleitet von dem Gedanken, daß kein Mittel unversucht bleiben darf, auf daß die Mahlprodukte aus dem Osten allein der Volks­ernährung zugewendet werden, hat der Bund die folgende Petition an das k. k. Amt für Volksernährung gerichtet:

An das k. k. Amt für Volksernährung Euer Exzellenz!

Der Friedensschluß mit dem Osten wurde von der Bevölkerung be­sonders deshalb so freudig begrüßt, weil sie sich davon eine Erleichterung der drückenden wirtschaftlichen Not versprach. Die Nahrungsmittelausfuhr aus dem Osten erscheint als eine Erlös ing, da sie geeignet ist, einem Notstand zu begegnen, der tatsächlich keiner Steigerung mehr fähig ist. Um so gerecht­fertigter ist daher die Besorgnis, ob auch alle notwendigen Vorkehrungen ge­troffen werden, damit die so dringend gebrauchten Nahrungsstoffe ausschließ­lich der drängendsten Verwendung zugeführt werden.

Als 1914 der Weltkrieg ausbrach, war es sofort gewiß, daß die Er­nährung der Bevölkerung Oesterreichs mit Mahlprodukten ernstlich gefährdet war. Denn es fiel nicht nur die Einfuhr von Getreide aus dem Zollauslande weg, sondern die Einberufung eines großen Teiles der im Ackerbau tätigen männlichen Bevölkerung zum Kriegsdienst beeinträchtigte wesentlich den Ackerbau. Es erhoben sich damals daher sofort Stimmen, um ein Gebot für die Schonung der Gersten- und Kartoffelernte oder sehr weitgehende Ein­schränkung der Bier- und Branntweinerzeugung zu erwirken; war es doch sicher, daß die heimischen Gersten- und Roggenmengen, welche im Jahre 1913 zusammen nicht ganz 32 Mill. Meterzentner erreichten, dem Bedarf an Mahlprodukten nicht genügen, zumal, wenn die ungarische Ernte der Heeres­versorgung und dem Bedarfe der ungarischen Zivilbevölkerung Vorbehalten würde. Die Erzeugung von Branntwein aus Kartoffeln und auch aus Gerste wurde denn auch mit Verordnung IX am 27. Oktober 1914 (R.-G.-Bl. 279) und vom 29. September 1915 (R.-G.-Bl. 293) verboten. Dagegen zögerte man leider viel zu lange der Verarbeitung von Gerste zu Bier ein Ende zu setzen, wo­durch es versäumt wurde, die wegen Unzulänglichkeit an Weizen- und Roggenvorräten unentbehrliche Gerste zur Brotversorgung heranzuziehen. Das war umso verhängnisvoller, als der Gesamtertrag der heimischen Gersten­erzeugung, der 1913 noch 13*/ 2 Millionen Meterzentner betragen hatte, im Jahre 1915 auf 7 l / 2 Millionen sank. (Stat. Hdb. herausg. v. d. stat. Zentralkomm. Jahrg. 1915) und als fast 6 Millionen Meterzentner Gerste notwendig waren, um 21 Millionen Hektoliter Bier zu brauen, also fast die ganze Gersten­ernte verbraut werden mußte. Sehr zögernd begann man (Vdg. vom 6. Juni 1915 R.-G.-Bl. 153) die Menge an Braugerste erst auf 75 Prozent des in den Vor­jahren verwendeten Ausmasses herabzusetzen und schwankte von da ab mit Erhöhungen und Herabsetzungen bis endlich am 30. Oktober 1917 (R.-G.-B1. 421) die Vermälzung von Gerste auf 6 Prozent herabgesetzt wurde. Leider bestimmte aber eine Verordnung vom 21. Dezember 1917, daß die Produktion