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Aus den Bundesvereinen.
Der deutsche Verein „Frauenfortschritt“ in Prag veröffentlicht soeben seinen 25. Jahresbericht, dem wir folgendes entnehmen. Der Verein lählte im abgelaufenen Jahre 1577 Mitglieder. Die vom Verein, wie in früheren Jahren, veranstaltete Vortrags- reihe erfreute sich eines zahlreichen Besuches und ergab ein Reinerträgnis von K 471192. Die vom Bund österreichischer Frauenvereine an das Abgeordnetenhaus gerichtete Petition um Abänderung des § 30 des Vereinsgesetzes wurde mit der Bitte um deren Unterstützung an deutschböhmische Herrenhausmitglieder und Abgeordnete versandt. Die kostenlose Stellenvermittlung wurde von 763 Arbeitgebern und 864 Stellensuchenden in Anspruch genommen und es wurden 205 Stellen vermittelt. Die unentgeltliche Rechtshilfe wurde in 8 Fällen in Anspruch genommen, ln der Volksbücherei betrug die Zahl der Leser 1018, von denen28.061 Bücher, darunter 1336 belehrenden Inhalts, entlehnt wurden. Die Zahl der Leser der Jugendbücherei ist auf 560 gestiegen. Dem Lehrerinnenheim gelang es trotz alle« Schwierigkeiten der Lebensmittelbeschaffung durchzuhalten und die wachsende Zahl von Pensionärinnen und Passantinnen zu befriedigen. Die Mädchenfortbildungsschule wurde von 58 Schülerinnen besucht und hatte schöne Unterrichtserfolge aufzuweisen. Die Abteilung für Erziehung und Unterricht veranstaltete erfolgreiche Unterrichtskurse in Französisch, Eng- lich,Tschechisch, Malen undhygienisch- ästhetischer Gymnastik. Die Stenographinnen - Abteilung veranstaltete mehrere Anfängerinnen-, Fortbildungsund Uebungskurse. ln der Abteilung arbeitender Frauen hielt Obersanitätsrat Dr. Altschul 16 Vorträge über Körper- und Gesundheitslehre und einen Krankenpflegekurs. In der Abteilung für Frauenbewegung hielt MUDr. Hugo Hecht einen Vortrag über die Gefahren der Geschlechtskrankheiten und leitete mehrere Wechselreden über diesen Gegenstand ein, in denen namentlich die Propaganda für die Einführung des obligatorischen Gesundheitszeugnisses vor der Ehe befürwortet wurde. Die Malerinnen-Abteilung erzielte mit
ihrer Ausstellung im Rudolfinum — der ersten selbständigen Frauenausstellung im Ptager Künstlerhaus — einen überraschend schönen Erfolg, wozu auch die Beteiligung der Vereinigung bildender Künstlerinnen Oesterreichs und des Wiener Radierklubs beitrug. Durch den Bilderverkauf wurden über K 11.000 erzielt und 12 Werke wurden für die moderne Galerie angekauft. Die Hälfte des Eintrittsgeldes nebst Geschenken im Betrage von K 65590 wurde der Landeszentrale für Böhmen zur Fürsorge für heimkehrende Krieger gewidmet.
Der „Bund für Jugenderziehung“ besteht erst seit einem Jahr und hat in der kurzen Zeit schon viel geleistet. Sein Ziel ist es, die Jugendpflege nach allen Richtungen auszugestalten. Eine eigene Gruppe beschäftigt sich damit, die Eltern der heranwachsenden Kinder zu organisieren um gesunde Reformen auf dem Gebiete der Jugenderziehung durchzusetzen. Nach einem Vortrage über ein wissenschaftliches Thema, das den anwesenden Eltern nahe gebracht wurde, fanden in der Gruppe „Erziehung im Hause“ Beratungen statt, bei denen den fragenden Müttern Auskünfte erteilt wurden. Außerdem fanden im engen Kreise acht Konferenzen überein von den Teilnehmerinnen selbst vorgeschlagenes Thema statt. Diese Gruppe hat auch die erste Beratungsstelle in Erziehungsangelegenheiten begründet, die jeden zweiten und vierten Freitag im Monat — die Sommermonate ausgenommen — Eltern und Erziehern Rat erteilt. An den Beratungen nahmen Aerzte, Pädagogen, Mütter und ein Graphologe teil. Diese Einrichtung ist außerordentlich wertvoll und hat sehr viel Beifall im Publikum gefunden.
Großen Zuspruch fanden die sieben Lehrkurse, die der Bund veranstaltet hat, über Kinderpsychologie, sittliche Erziehung, Frauenhygiene, künstlerische Erziehung, Kind u. Musik, hygienischharmonische Körperkultur und endlich Diskussionsabende über Erziehungsfragen. An diesen Kursen nahmen mehr als 300 Frauen und Mädchen teil. Der Verein besitzt eine