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wenn eine Mutter sich ganz auf ihre Tochter verlas­sen und endlich in süßer Ruhe die Frucht ihrer lan­gen Thätigkeit, und ihrer Anstrengung in früheren Jahren, genießen kann. Einer Tochter aber bringt es Ehre, wenn der Geist der Mutter in ihr lebt, wenn sich schon im alterlichen Hause wahrnehmen läßt, mit welchem Anstande, mit welcher Geschäftig­keit und Würde sie einst ihrer eigenen Wirthschaft vorstehen wird.

Selbst dann noch, wenn Sie bereits zu voller Selbständigkeit gelangt sind und nicht mehr unter dem väterlichen Dache wohnen, sey Ihnen jeder Rath, jedes Urtheil Ihrer Aeltern werth und theuer. Un­ternehmen Sie nichts Wichtiges, ohne sie darüber zu hören; ehren Sie sie als ihre ältesten, bewährte­sten, Mussten Freunde, Ihre gewissenhaftesten und uneigennützigsten Rathgeber. Stimmen Ihre An­sichten nicht überein, so tragen Sie ihnen wenigstens die Gründe, durch welche Sie sich bewogen fühlen, anders zu handeln, mit Liebe und Bescheidenheit vor.

Verschonen Sie Ihre Aeltern mit harten, un- ehrerbietigen Worten und Vorwürfen. Tragen Sie willig die Schwachheiten derselben, thun Sie ihnen Gutes, machen Sie ihnen Freude, so viel Sie kön-