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Das Studium und die Ausübung der Medicin durch Frauen / beleuchtet von Dr. Theodor L. W. von Bischoff
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wiffenfchaftlichen, handwerksmäfsigen Treiben Thür und Thor. Der wahre Geift der exakten Naturwiffenfchaften und fein Einflufs auf das Denken und Handlen des Arztes, wird dem Weibe ftets verfchloffen bleiben.

Allein wir wollen annehmen, der weibliche Mcdiciner hat fich nun wirklich eine gewiffe Summe von botanifchen, zoologifchen, mineralogifchen, phyfikalifchen und chemifchen Kenntniffen angeeignet. Er befteht das betreffende Examen, welches ja nur nach diefen Kenntniffen, nicht nach feinen Früchten fragen kann. Die Studentin beginnt nun ihre medicinifchen Studien.

Bei der Anatomie und Phyfiologie wiederholen fich fogleich die eben gefchilderten Verhältniffe, denn fie repräfentiren Naturgefchichte und Naturwiffenfchaft von dem menfchlichen Körper. Die Studentin wird fich auch hier im beften Falle eine gewiffe Summe von anatomifchen Kenntniffen über den Bau und die Zufammenfetzung des menfchlichen Körpers, über die Verdauung, Blutlauf, Ath- mung, Function der Nerven und Sinnesorgane etc. aneignen, ein mikroskopifches Präparat anfertigen lernen, aber ficher- lich wird die Mehrzahl fchon auf diefem blofs äufseren Wege, an der grofsen Menge der Thatfachen und Er- fcheinungen erlahmen. Das Intereffe der Neuheit, die Neugier werden bald nachlaffen, wenn die Schwierigkeit der Anforderung wächft; die Abftraction von dem Gewirre der Einzelheiten in der Anatomie wird zu Schwierig; des F'eftftehenden Doktrinären in der Phyfiologie ift noch viel zu wenig, das felbftthätige Denken und Urtheilen wird zu fehr in Anfpruch genommen, und fehr bald wird fich jener Handwerksgeift entwicklen, der bei dem männlichen Stu­denten durch Trägheit und Leichtfinn zu dem Raifonnement führt: Wozu diefe minutiöfe Kenntnifs von dem Baue des Körpers und aller feiner kleiner Fäferchen und Bläschen, wozu diefe genaue Verfolgung aller Vorgänge in dem menfchlichen Körper, dadurch lockt man keinen Hund