54

haben von jedem dieser Stoffe auch gleiche Portionen. Ge­nau so viel Sauerstoff und Wasserstoff und Kohlenstoff in ei­nem Pfund Zucker steckt, ganz genau eben so viel Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff stecken in einem Pfund Stärke.

Warum aber bilden diese Stoffe in dem einen Fall Stärke und weshalb bilden eben dieselben Stoff« in ganz gleichem Men­gen-Verhältniß in dem andern Falle Zucker?

Man kann sich dies nicht anders erklären, als daß man annimmt, daß in der Stärke diese Stoffe anders zu einander gelagert sind, als in dem Zucker. In der Stärke kann beispiels­weise immer ein Atom Wasserstoff in der Mitte zwischen einem Atom Sauerstoff und einem Atom Kohlenstoff liegen, während im Zucker immer ein Atom Sauerstoff oder Stickstoff die Mitte zwischen den beiden andern Stoffen einnimmt. Die Verschie­denheit, wie diese Stoffe zu einander gelagert sind, bringt eine Verschiedenheit der Dinge hervor. In der einen Art der Lage­rung bekommt die chemische Verbindung der Stoffe alle Merk­male und Eigenschaften der Stärke, in der andern Art erhalten die verbundenen Stoffe die Merkmale und Eigenschaften des Zuckers.

Zwar läßt kein noch so starkes Vergrößerungsglas, kein noch so kräftiges Mikroskop irgend wie diese Lagerung der Atome oder die Atome selber erkennen; allein es sind die wichtigsten und sprechendsten Anzeichen vorhanden, daß diese verschiedene Lagerung der Atome überhaupt die Verschiedenheit aller Körper von gleichen Bestandtheilen ausmacht, wenigstens steht so viel fest, daß diese Annahme die genügendsten Aufklärungen über «ine große Reihe chemischer Räthsel giebt.

In diesem Sinne kann man sagen: Stärke und Zucker sind eins und dasselbe; in der Stärke liegen nur die Bestand- theile etwas anders geordnet, als im Zucker.

Ist dies aber richtig und hierfür sprechen außerordent­lich viel Thatsachen so erklärt man sich die Einwirkung der Schwefelsäure auf die Stärke dahin, daß die Schwefelsäure die Eigenschaft besitzt, die Bestandtheile der Stärke anders zu lagern, anders zu ordnen, und zwar in jener Weise zu ordnen, wonach dieselben Stoffe sich zu Zucker umbilden.