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träger ist insofern mit einem Mangel behaftet, als bei ihm stets die­jenige Station die Correspondenz wieder beginnen muss, welche vorher dieselbe unterbrochen hatte.

An die zahlreichen Versuche, dieselbe Telegraphenleitung zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Telegramme (telegraphisches Doppel- und Gegensprechen) zu benützen, erinnerten in der histo­rischen Abtheilung nur das Relais mit doppelten Umwindungen und schwingendem Magnet zum Gegensprecher von Frischen und Siemens (1854 in Preussen patentirt) und ein Relais mit doppelten Umwindungen von Borggreve (1862). In dieser Beziehung war also die historische Abtheilung sehr lückenhaft, da gerade die ersten und die meisten hie- her gehörigen Vorschläge von Deutschen gemacht wurden; es ist diese Lückenhaftigkeit um so mehr zu bedauern, weil so eine günstige Ge­legenheit unbenützt vorübergegangen ist, ganz augenfällig darzuthun, in wie geringen und wie wenig wesentlichen Stücken sich die in neuester Zeit in England und Amerika aufgetauchten und mit so viel Lobeserhebungen überschütteten Methoden des Gegensprechens (Duplex­telegraphie) von den fast 20 Jahre alten deutschen Einschaltungen zum Gegensprechen unterscheiden.*) Leider waren auch diese neueren Methoden in Wien nicht ausgestellt; dagegen hatte Franz Kozmata in Pest seinen Gegensprecher**) von 1869 zur Schau gestellt. Ebenso hatte Bernhard Meyer in Paris seinen mehrfachen Telegraphen ausgestellt

*) Ich habe diese neueren Gegensprecher von Vaes, Stearns, Preece und Winter kürzlich im Journal Telegraphique (Bd. II, No. 29 und 30) und in Ding- lers polytechn. Journal (1874, S. 111 ff.) einer eingehenden Besprechung unter­zogen und die Richtigkeit des oben ausgesprochenen UrtheiL dargethan. Dass die neuesten Versuche mit dem Gegensprecher besser gelingen, als die früheren, dürfte wesentlich in der inzwischen eingetretenen merklichen Verbesserung des Linienbaues und in der grösseren dienstlichen Befähigung und Uebung der jetzigen Beamten begründet sein, während die dermalige Ueberhäufung der Tele­graphenleitungen mit Telegrammen viel mehr zu einer möglichst vollkommenen Ausnutzung der Linien drängt, wie vor 20 Jahren.

**) Nach der mir über diesen Gegensprecher gewordenen Auskunft gleicht auch bei ihm das Relais ganz dem Relais des Gegensprechers von Frischen-Siemens mit doppelter Umwickelung der Kerne, und zwar haben die beiden Umwickelungen entweder gleich oder ungleich viel Windungen. Zu grösserer Bequemlichkeit werden auf jeder Station 2 Taster aufgestellt, der eine für den gebenden Tele­graphisten, der andere zu gelegentlichem Gebrauch für den empfangenden. Die Batterien der beiden Stationen führt Kozmata lieber mit entgegengesetzten als mit gleichnamigen Polen an den Arbeitscontact der Taster. Als Ausgleichungswider­stand benutzt Kozmata einen Fliissigkeitsrheostat, dessen U- förmige Röhre mit concentrirter Citronensäure gefüllt ist und in ihren nach oben offenen Schenkeln je einen der von einem Ebonitstück herabreichenden, in den Kreis des lokalen Zweigstroms eingeschalteten beiden Platindrähte aufnimmt. Beim Arbeiten auf der Linie Pest-Temesvar beförderte dieser Gegensprecher 20 bis 24 einfache Telegramme in der Stunde, wobei immer je 10 Stück nach einander gegeben und dann erst die zugehörigen Phrasen ausgetauscht und Correcturen bewirkt wurden.

Zetzsche, Geschichte der Telegraphie. 5