Zimmer und wir mit ihnen. Weihrauch erfüllte die Luft und das Schluchzen meiner Mutter war zwischen den Gebeten hörbar, wenige Stunden später starb mein Vater und nie hat es ihm die Mutter ver­gessen, daß er ohne ein versöhnendes Wort für sie und ohne eine Ermahnung an seine Rinder gestorben war.

Ich empfand keine Betrübnis, ja, als ich die von einer wohlhabenden Familie geliehenen Trauerkleider mit Hut und Schleier trug, empfand ich weit eher ein Gefühl der Genugtuung auch einmal so schön an­gezogen zu sein. Meine Mutter war jetzt die Er­nährerin von fünf Rindern. Mein ältester Bruder war wohl schon achtzehn Jahre alt, aber er konnte uns keine Stütze sein, da er ein im Niedergänge begriffenes Handwerk erlernt hatte. Er entschloß sich sein Glück in der Fremde zu suchen und schnürte sein Bündel. Zwei Brüder die bisher mit dem Vater zu Hause gearbeitet hatten, kamen in die Lehre, der jüngste zehnjährige ging in die Schule.

Meine Mutter hatte viel Willenskraft, ange­borenen verstand und war beseelt von dem Wunsche, zu zeigen, daß auch eine Mutter Rinder ernähren kann. Ihre Aufgabe war eine unendlich schwere, da sie außer häuslichen Arbeiten nichts gelernt hatte. Früh verwaist war sie mit sechs Jahren in den Dienst gekommen; sie hatte nie eine Schule besucht und konnte daher weder lesen nocb schreiben. Sie war auch eine Feindin derneumodischen Gesetze" wie sie die Schulpflicht nannte. Sie fand es ungerecht, daß andere Menschen den Eltern vorschrieben, was sie