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immer mußte ich, wenn viel zu tun war, noch Arbeit für die Nacht nach Hause nehmen. Darunter litt ich am meisten, weil es mich um die einzige Freude brachte die ich hatte.
Ich las gerne. Ich las wahllos, was ich in die Hände bekommen konnte, was mir Bekannte liehen, die auch nicht zwischen Passendem und Unpassendem unterschieden und was ich im Antiquariat der Vorstadt für eine Leihgebühr von zwei Kreuzer, die ich mir vom Munde absparte, erhalten konnte. Indianergeschichten, Kolportageromane, Familienblätter, alles schleppte ich nach Hause. Neben Räuberromanen, die mich besonders fesselten, interessierte ich mich lebhaft für die Geschicke unglücklicher Königinnen. Neben „Rinaldo Rinaldini" (der mein besonderer Liebling war), die „Katarina Kornaro", neben „Rosa Sandor" die „Isabella von Spanien", „Lugenie von Frankreich", „Maria Stuart" und andere. „Die weiße Frau in der Hofburg" zu Wien, alle Kaiser Josef- Romane, „Die Heldin von lvörth", „Kaisersohn und Baderstochter" vermittelten mir geschichtliche Kenntnisse. Ihnen reihten sich die Iesuitenromane an und in weiterer Folge die 100 bändigen Romane vom armen Mädchen, das nach Überwindung vieler und grauenerregender Hindernisse zur Gräfin oder mindestens zur Fabrikantens- oder Kaufherrnsgattin gemacht wurde. Ich lebte wie in einem Taumel. Heft um Heft verschlang ich; ich war der Wirklichkeit entrückt und identifizierte mich mit den Heldinnen meiner Bücher. Ich wiederholte in Gedanken alle Worte,