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schließlich ein, ich aber wurde des Schlafes beraubt und lag dann in erregtem Zustand wach im Bette, in dem ich mich nicht rühren durfte, weil ich ja sonst die Mutter gestört hätte. Zudem hätte ich die Zeit doch lieber angewandt um zu lesen, wenn ich schon nicht arbeiten mußte.

An Sonntagen, wenn ich vormittags in unsrem bescheidenen Hauswesen geholfen hatte, las ich un­unterbrochen bis es dunkel war. Zm Sommer ging ich mit meiner Lektüre auf den Friedhof, wo ich unter einer Trauerweide ruhend stundenlang weilte, ohne auf etwas anderes zu achten, als auf mein Buch. Wie haßte ich die S o n n t a g s a r b e i t, die manch­mal notwendig war. Einen solchen Tag betrachtete ich als einen verlorenen und das bessere Abendbrot und das Gläschen wein oder Bier, das ich als Ent­schädigung erhielt, betrachtete ich nicht als solche.

Zwei Zahre blieb ich in der Lehre und lernte in dieser Zeit alle Kränkung kennen, deren Härte und Herzlosigkeit besonders schmerzlich wirkt, wenn sie von verwandten kommt. Man benützte mich als eine Art Aschenputtel. Ich mußte an Samstagen die großen Reinigungsarbeiten machen und noch heute fühle ich die Empörung so wie damals, wenn ich daran denke, was man mir alles zumutete und wie man mich behandelte, von dem ziemlich weit entfernten öffentlichen Brunnen mußte ich in einem schweren Holzgefäß das Wasser bringen. Die Wasserleitung im Hause hatte man damals noch nicht und ich ließ mir nickt träumen, daß es einmal eine solche An-