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ging fort, ich wollte mich überwinden und doch hin­gehen, bis zum Tore der Fabrik kam ich, dann kehrte ich um. Ich hatte so eine namenlose Angst vor un­bekannten Gefahren, daß ich lieber hungern wollte, als Schande ertragen. Denn als Schande erschien mir alles, was vorgefallen war, der Auß und die Vorwürfe der Kolleginnen. Zudem war mir erzählt worden, daß eine der Arbeiterinnen immer in besonderer Gunst bei dem Reisenden stand, und zwar wechsele das; wenn eine Neue komme, die ihm besser gefalle, dann trete diese an die Stelle der vorhergehenden. Nach allen Äußerungen war ich dazu ausersehen diese Stelle nunmehr einzunehmen. Davor fürchtete ich mich sehr. Ich hatte in den Büchern soviel von Verführung und gefallener Tugend gelesen, daß ich mir die schrecklichsten Vorstellungen machte. Ich ging also nicht hin.

Was aber beginnen? Zuerst suchte ich wieder Arbeit; ich hätte alles unternommen, was sich geboten hätte, aber drei Tage vor Weihnachten nimmt man keine neuen Arbeitskräfte. Ich irrte in den Straßen umher, und als es Abend wurde, ging ich zur gewöhn­lichen Stunde nach Hause. Ich hatte nicht den Mut einzugestehen, daß ich nicht in der Fabrik war. Die beiden folgenden Tage machte ich es ebenso. Alle Bemühungen Arbeit zu finden, waren erfolglos. Namenlose Verzweiflung bemächtigte sich meiner, dann hoffte ich wieder, daß irgend ein Zufall mir helfen würde. Es handelte sichja um kaum zweiGulden, da es keine ganze Arbeitswoche war.