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begann, ein Leiertag war, an dem nicht gearbeitet wurde, erhielt ich den vollen Arbeitslohn, der An­fängerinnen gezahlt wurde. Das waren vier Gulden. So gut war ich noch nie bezahlt worden. Außerdem wurde mir in Aussicht gestellt, daß ich bei guter Ver­wendbarkeit nach einigen Monaten fünfzig Kreuzer Zulage bekommen werde. Ich erhielt sie schon nach sechs Wochen und nach einem halben Jahre hatte ich schon fünf Gulden wochenlohn; später bekam ich sechs Gulden.

Ich kam mir fast reich vor. Ich rechnete wieviel ich mir im Laufe einiger Jahre ersparen würde und baute Luftschlösser. Da ich an außerordentliche Ent­behrungen gewöhnt war, hätte ich es fürverschwendung gehalten, jetzt mehr für die Ernährung auszugeben, wenn ich nur keinen Hunger spürte, aus was die Nahrung bestand kam für mich nicht in Betracht. Nur schön anziehen wollte ich mich. wenn ich am Sonntag in die Kirche ging, sollte niemand in mir die Fabrikarbeiterin erkennen. Denn meiner Arbeit schämte ich mich. Das arbeiten in einer Fabrik war mir immer als etwas Erniedrigendes erschienen. Als ich noch Lehrmädchen bei meiner verwandten war, hatte ich immer reden gehört, die Fabrikmädchen seien schlecht, liederlich und verdorben. In den kränkendsten Worten wurde von ihnen gesprochen und ich hatte mir diese irrige Meinung auch angeeignet. Jetzt ging ich selber in eine Fabrik, wo soviele Mädchen waren.

Die Arbeiterinnen waren freundlich mit mir, sie unterwiesen mich in meiner Arbeit in liebenswürdigster