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Arbeiterbewegung sehr abfällig urteilte. Dafür erzog es zur patriotischen und religiösen Gesinnung. In mir rangen damals schon zwei Anschauungen um die Oberhand. Ich nahm warmen Anteil an allen Vorgängen in den dynastischen Familien und war über Handlungen der Erzherzoge und über die Zustände der Prinzessinnen besser unterrichtet, als über Dinge, die meine nächste Umgebung betrafen. Ich trauerte mit Spanien um Alsons XII. und das Bild, das meine Zeitung von Maria Lhriftine brachte, wie sie sich mit ihrem Säugling am Arme den Untertanen zeigte, hob ich wie eine Reliquie auf. Um Alexander v. Batten- bergs willen wünschte ich Rußland Krieg und Nieder­lage und auch der Bulgarenfürst befand sich lange in meiner Bildergalerie. Der Tod des Kronprinzen von Österreich ging mir so zu Herzen, daß ich tagelang weinte. Aber nicht nur die Geschicke der Dynastien erschütterten mich, auch die politischen Verwicklungen hielten mich in Spannung. Die in meiner Zeitung erwogene Möglichkeit eines Krieges mit Rußland ver­setzte mich in patriotische Begeisterung. Ich sah meine Brüder schon ruhmbedeckt vom Schlachtfelds heimkehren und mich selber hätte ich am liebsten in der Rolle einer Heldin von lvörth" gesehen, von der ich in einem Roman gelesen und die von Wilhelm I. mit dem Eisernen Kreuz" ausgezeichnet wurde.

Um diese Zeit hatte ich aber auch schon die Ge­schichte der französischen und der Wiener Revolution gelesen, die ich mir von dem Vater einer Kollegin geliehen hatte. Zu einer einheitlichen Auffassung konnte