ich mich aber noch lange nicht durchringen. Ja, als eine besonders starke antisemitische Ltrömung im politischen Leben bemerkbar wurde, sympatisierte ich vorüber­gehend mit dieser Richtung. Lines hatte mich dazu bewogen. Lin Flugblatt:Mie gelangt Israel zu Macht und Herrschaft über alle Völker der Erde" hatte mir's angetan. Da gelangte ich nebst vielen anderen Gräueltaten, die dem VolkeIsraels angedichtet wurden, auch zur Kenntnis des Märchens vom Ritualmord. Ich las weiter, daß die Juden dieTöchter der Gojims" (Lhristen) schänden wollen, um die eigenen Frauen und Töchter zu schonen. Diese Behauptung beein­flußte mich am meisten. Ich wollte auch beitragen zur Abwehr der jüdischen Anschläge und beschloß dem jüdischen Geschäfte, wo ich bisher meine Kleider ge­kauft hatte, meine Kundschaft zu entziehen. Meine Kolleginnen beredete ich zu demselben Handeln.

Um diese Zeit betätigte sich auch eine anarchistische Gruppe. Einige mysteriöse Morde, die sich ereigneten, wurden den Anarchisten zugeschrieben und die Polizei benützte sie, um die aufstrebende Arbeiterbewegung zu drangsalieren. Das alles verfolgte ich mit brennen­dem Interesse. Alle anderen Dinge, von denen man sagt, daß um ihretwillen Frauen Zeitungen lesen, ließen mich kalt, ich überflog sie kaum. Die Anarchisten­prozesse verfolgte ich aber mit leidenschaftlicher Anteil­nahme. Ich las alle Reden, und da, wie das immer zu geschehen pflegt, Sozialdemokraten, die man eigentlich treffen wollte, unter den Angeklagten waren, so lernte ich deren Anschauungen kennen.