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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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so viel Rücksicht nimmt, so ist gerade bei den Hadern in dieser Beziehung sehr zn klagen. Diese Hadern bestehen oft aus gebrauchten Kleidern von Männern und Frauen. Wo bleibt nun die Rücksicht auf die Sittlichkeit, wenn Männer solche Hadern von beschmutzten Fraueukleidern und umgekehrt Frauen die Hadern von ebensolchen Männerkleidern in die Hand bekommen? Die Hadern werden selbst aus Spitälern genommen. (Ein Ruf: Das ist ja undenkbar!) O nein, das ist nicht undenkbar. Was Sie sich überhaupt um­denken können, das, kommt in unserem Fache vor.

Dr. Verkauf: Sagen Sie mir etwas über die Verwendung des Terpentins. Exp. Neugebauer: Es gibt zwei Arten von Terpentin. Nämlich das Neustädter, das wirkliches Terpentin ist, und das polnische Terpentin. Das letztere wird sehr viel verwendet, weil es billiger ist. Ob der Arbeiter dadurch Flechten auf den Händen bekommt, bleibt sich dem Principal gleich.

Dr. Verkauf: Können Sie uns die Preisdifferenz sagen? Exp. Prahse: Hierüber kann ich Auskunft geben. Das billigere kommt auf fl. 24 per Hektoliter, das gute auf fl. 36 bis 40.

Dr. Verkauf: Sie haben wohl nur irrthümlicherweise behauptet, daß die Anzahl der Kranken 400 monatlich beträgt? Es wird das ja nach Wochen gerechnet, und da kommt mancher drei- bis viermal vor. Es dürfte also die Sache so sein, daß Sie wöchentlich l00 Kranke haben, und daß im Monat eine und dieselbe Person drei- oder viermal unter den Kranken gezählt wird.

Vorsitzender: Wir haben früher von den verschiedenen Arbeiten der Hilfsarbeiterinnen gehört: Bronziren, Auslegen, Einlegen und schließlich die schwierigste Form des Einlegens, das Pnnktiren. Außerdem arbeiten die Frauen in den Buchbindereien. Sind diese separirt, oder geht diese Arbeit mit den anderen Hand in Hand? Exp. Prahse: In größeren Anstalten sind die Arbeitskategorien getrennt, in kleineren aber nicht.

Vorsitzender: Da dürfte bei den kleinen Anstalten die Buchbinderei keine große Rolle spielen? Exp. Prahse: Eine ganz bedeutende Rolle. Bei uns z. B. sind 3, 4 Arbeiter und einige Mädchen damit beschäftigt.

Vorsitzender: Wie verhält es sich nun mit der Separirung von gesundheitsschädlichen Arbeiten? Exp. Prahse: Diese werden nicht separirt. Es wird in demselben Raume bronzirt und alle anderen Arbeiter athmen den schädlichen Bronzestaub ein. Nur bei einzelnen Großbetrieben dürfte vielleicht eine Trennung vorkommen.

Vorsitzender: Es ist also nur eine Sache des Capitals, daß man gesundheitsschädliche Arbeiten in gesonderten Vocalen vornimmt? Experte Prahse: Gewiß. Und außerdem können die großen Unternehmer mit Bronzirmaschinen arbeiten, die sehr viel Bronzestaub aufnehmen, der sonst im Arbeitsraume herumfliegen würde.

Weiß: Ich habe im Betriebe Daniela Maschinen gesehen, wo große Etiquetten gemacht wurden. Die Bogen sind eingelaufen, durch­gelaufen, man hat gesehen, wie sie bronzirt werden, und es ist gar kein Bronzestaub herumgeflogen. Exp. Prahse: Da wird eben der Bogen nicht mit der Hand eingerieben und deshalb fliegt der Staub nicht herum.

Dr. Hainisch: Vielleicht ließe es sich mit einem Exhaustor machen, daß der Staub aufgesaugt wird? Exp. Prahse: Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Es wäre dies vielleicht Sache des Gewerbe-Jnspectorats. Aber die Herren wissen ja, der Gewerbe-Jnspector kommt, schafft etwas an, und ich will Niemandem nahe treten der Unternehmer führt es einfach nicht aus.

Dr. Brezina: Wie viel solche verbesserte Bronzirmaschinen dürste es in Wien geben? Exp. Prahse: Vielleicht 15 bis 20. Die Steyrer- mühl hat vielleicht 2 bis 3, ferner die Fabriken Schütz, Schnabl u. A. Es