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Tr. Verkauf: Glauben Sie, daß das österreichische reactionäre Preßgesetz einen Einfluß auf die Situation des Gewerbes ausübt? — Exp. Prahse: Gewiß; auch die Steiudruckerei leidet darunter, denn wenn mau in Oesterreich etwas machen will, fo wird dran hernmgenörgelt und hernmgezwackt, fo daß mau es lieber in Deutschland arbeiten läßt.
Dr. Verkauf: Wie kommt es, daß die Provinz so coueurrenzfähig ist? Werden die Arbeiter dort vielleicht in Bezug auf die Arbeitszeit benachteiligt? — Exp. Prahse: Es kommt dies in manchen Fällen vor; so sind z. B. die Verhältnisse bei Mettau sehr arg. In Böhmen sind sie erträglich. Man sagt dort, es ist ein Knnstgewerbe, aber man gibt deswegen den Leuten doch keinen Kreuzer mehr.
Expertin Nr. 1 lüber Befragen des Vorsitzenden): Ich bin fünf Jahre in demselben Betriebe und war 14 Jahre im Gewerbe beschäftigt. Der Betrieb, in welchem ich jetzt arbeite, ist ein Kleinbetrieb; es sind daselbst nur drei Personen beschäftigt. Ich war früher in einem größeren Betriebe, wo über 100 Mädchen waren, von denen 7 bei lithographischen Maschinen beschäftigt waren. Lehrmädchen gibt's wenig. Je nachdem, ob ein Mädchen rasch begreift oder nicht, kommt sie rascher oder langsamer vorwärts. Wenn sie Eignung hat, kommt sie bald zur Maschine, wenn nicht, bleibt sie vielleicht für immer in einem Lohn von fl. 2. — Vorsitzender: Wer besorgt die Arbeitsvermittlung? — Exp. Neu geb au er: Die Arbeitsvermittlung wird von der Genossenschaft einerseits und von den Gehilfen andererseits besorgt. Jeder dieser beiden Theile sucht die Gehilfenschaft an sich zu reißen; von Seiten der Genossenschaft wird aber die Vermittlung für Hilfsarbeiterinnen nicht besorgt. — Frl. Bosch ek: Die Arbeitsvermittlung wird meist nur von solchen Arbeitern in Anspruch genommen, die schon in demselben Berufe beschäftigt waren. Es kommt aber vor, daß Mädchen von 13 bis 14 Jahren, nachdem sie die Schule verlassen, Arbeit suchen, und wo sie aus der Zeitung oder sonstwo her von einer Vacanz erfahren, dort gehen sie hin. Sie gehen von Gasse zu Gasse, lesen die Schilder und fragen an, ob dort Mädchen beschäftigt werden.
Vorsitzender: Waren Sie immer beschäftigt? — Exp. Nr. 1: Ja.
Vorsitzender: Wie steht's mit der Kündigung? — Exp. Nr. 1: Wenn zur Sommerszeit keine Arbeit ist und der Herr die Arbeiterin für eine gewisse Zeit nicht beschäftigen kann, so sagt er: „Sie gehen jetzt fort, oder ich kündige Ihnen. Wir können Sie nicht brauchen."
Tr. Verkauf: Welches ist der Beruf der Eltern dieser Mädchen? Sind es Handwerker, kleine Beamten u. dergl. oder nur Arbeiter? — Exp. Nr. 1: Beinahe nur Arbeiter.
Tr. Osner: Wie viele Tage des Jahres müssen Sie in der Sommerszeit zu Hause bleiben, weil Sie keine Arbeit haben? — Exp. Nr. 1: Das ist verschieden. Voriges Jahr 14 Tage.
Vorsitzender: Sind Andere vielleicht längere Zeit außer Arbeit? — Exp. Nr. 1: So viel ich weiß, nicht mehr wie 14 Tage bis drei Wochen. Während dieser Zeit bekommt man natürlich keinen Lohn.
Dr. Kaizl: Die gesetzliche Kündigungsfrist ist 14 Tage? — Expertin Nr. 1: Ja.
Wittelshöfer: Sie bekommen also keinen Lohn und gekündigt wird Ihnen auch nicht. Sie sind also im Arbeitsverhältniß ohne Arbeit und ohne Lohn? — Exp. Nr. 1: Ja. Der Herr sagt: „Wenn Sie das nicht wollen, so betrachten Sie sich als gekündigt."
Tr. Schütter: Haben Sie in der übrigen Zeit immer volle Arbeit? Oder sind Sie vielleicht auch während einzelner Tage oder Stunden ohne Arbeit und unbezahlt? — Exp. Nr. 1: Nein.
Vorsitzender: Wie werden die Löhne berechnet? — Exp. Nr. 1: Nach der Woche.